Vererbung ist mehr als die Summe aller Gene

Seit dem 1. Februar 2021 hat das MPI für Molekulare Pflanzenphysiologie mit Prof. Dr. Claudia Köhler eine neue Direktorin. Sie wird die Abteilung Reproduktionsbiologie und Epigenetik am Institut etablieren und leiten.

11. Februar 2021
Das Institut freut sich sehr, dass es ihm gelungen ist mit Frau Prof. Köhler eine herausragende Wissenschaftlerin im Bereich der Epigenetik bei Pflanzen berufen zu können. Mit ihr wird ein neuer Forschungsbereich am Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie Einzug halten und das Forschungsportfolio des MPI für Molekulare Pflanzenphysiologie erweitern und komplementieren.

Wie wir schon seit geraumer Zeit wissen, sind Menschen, Tiere und Pflanzen nicht nur die Summe ihrer Gene, sondern epigenetische Effekte spielen bei der Vererbung gleichfalls eine bedeutende Rolle. Die Epigenetik ist eine Forschungsdisziplin, die sich in den letzten Jahren rasant entwickelt hat und sehr stark an Stellenwert gewonnen hat. Sie beschäftigt sich mit Änderungen der Genaktivität, die nicht auf einer Veränderung der DNA-Sequenz beruhen, sondern durch andere Mechanismen ausgelöst werden. Grundlage sind meist chemische Veränderungen an den Grundbausteinen der Erbsubstanz oder von Proteinen, die an die DNA binden. Viele zelluläre Regulations- und Differenzierungsprozesse werden durch epigenetische Mechanismen gesteuert. So spielen sie beispielsweise bei der Samenbildung eine wichtige Rolle.

Die Abteilung von Frau Köhler wird sich genau mit solchen epigenetischen und genetischen Prozessen beschäftigen, die die Samenbildung bei Blütenpflanzen regulieren. Obwohl die Samen und das darin enthaltende Nährgewebe, das Endosperm, einen wichtigen Teil unserer Ernährung darstellen, ist bisher relativ wenig über die molekularen und (epi)genetischen Mechanismen der Samenbildung und damit über die Ertragsgrundlagen bekannt. In ihrer bisherigen Forschung ist es Frau Prof. Köhler gelungen bereits eine ganze Reihe von Methoden und Materialien zu entwickeln und etablieren, die es ermöglichen werden, seit langem existierende Fragen der Samenbiologie zu beantworten. Ein besseres Verständnis der molekularen Prozesse, die die Samenbildung und Samenentwicklung steuern, ist von fundamentalem Interesse und wird für die Landwirtschaft wichtige Erkenntnisse über die pflanzliche Ertragsbildung liefern.

Frau Prof. Köhler wird bis zum 31. Juli 2021 ihre Aufgaben am Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie im Nebenamt wahrnehmen, da sie augenblicklich noch an der Universität für Landwirtschaft in Uppsala tätig ist.

Claudia Köhler studierte Biologie an der Universität Halle, promovierte 1999 an der Universität Freiburg und arbeitete als Postdoktorandin an der Universität Zürich, bevor sie 2005 als Assistenzprofessorin an die ETH Zürich ging. Seit 2010 ist sie ordentliche Professorin an der Schwedischen Universität für Landwirtschaft in Uppsala.

Sie ist ein gewähltes Mitglied der Schwedischen Königlichen Wissenschaftsakademie, der Europäischen Molekularbiologieorganisation (EMBO) und Mitglied der Nationalen Akademie der Wissenschaften, Leopoldina.

URS

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