Reis für die Welt

19. Dezember 2019

Wissenschaftler des Potsdamer Max-Planck-Instituts für Molekulare Pflanzenphysiologie sind Teil des internationalen C4-Reisprojekts und erhalten erneut Forschungsgelder aus einer Förderung, die die Universität Oxford, als Koordinator des Projekts, in Höhe von 15 Millionen Dollar von der Bill & Melinda Gates Stiftung erhalten hat.

Die Phase IV des internationalen C4-Reisprojekts hat für die nächsten 5 Jahre grünes Licht erhalten. Während dieser Zeit möchte ein international zusammengesetztes Wissenschaftlerteam* eine Reissorte entwickeln, die bis zu 50% mehr Ertrag bringen soll und härtere Umweltbedingungen aushält. Gegenwärtig sind mehr als 3 Milliarden Menschen in Asien und Afrika auf Reis angewiesen um zu überleben. Derzeit reicht der Reisertrag, der auf 1 ha Fläche geerntet wird, für 27 Menschen. Aufgrund des prognostizierten Bevölkerungswachstums und der Tendenz zur Verstädterung wird diese Fläche bis zum Jahr 2050 ca. 43 Menschen ernähren müssen. Das bedeutet, der Ertrag pro Flächeneinheit muss um fast 60% gesteigert werden. Eine Möglichkeit die Reiserträge zu steigern, besteht darin die Fotosynthese effektiver zu gestalten.

Verbesserung der Fotosynthese durch Prozessoptimierung

Reis verwendet den sogenannten C3-Photosyntheseweg, bei dem am Anfang der CO2-Fixierung aus der Luft ein Zwischenprodukt entsteht, das 3 C-Atome besitzt. Das Enzym Rubisco (Ribulose-1,5-bisphosphat-carboxylase-/-oxygenase), das für die CO2-Fixierung zuständig ist, kann allerdings in einer Nebenreaktion statt CO2 auch Sauerstoff binden, von dem sehr viel mehr in unserer Atmungsluft ist als CO2. Die hohen Sauerstoffkonzentrationen in der Luft, die sich über mehr als zwei Milliarden Jahre entwickelt haben, beeinträchtigen die Wirkungskraft der Fotosynthese. Wenn bei höheren Temperaturen die Pflanze dann auch noch ihre Spaltöffnungen schließt, um Wasser zu sparen, gelangt weniger CO2 ins Innere des Blattes. Bei steigenden Temperaturen und Trockenheit arbeitet die C3-Fotosynthese daher weniger wirkungsvoll. Die Pflanze bildet dann weniger Zucker und ihre Erträge sind geringer. Bei C3-Pflanzen verläuft die Zuckerbildung und die Bindung von CO2 in ein und demselben Zelltyp: den Mesophyllzellen. Demgegenüber sind bei C4-Pflanzen diese Abläufe räumlich voneinander getrennt in Mesophyll- und Bündelscheidenzellen. Die C4-Pflanzen nutzen eine „biochemische“ Pumpe, um CO2 aktiv in spezialisierten Bündelscheidenzellen anzureichern. Dazu wird CO2 zunächst in den Mesophyllzellen in ein Zwischenprodukt mit vier Kohlenstoffatomen eingebaut. Diese C4-Verbindung wandert dann in die Bündelscheidenzellen, wo die Rubisco sitzt. Hier wird CO2 aus dem C4-Körper freigesetzt. Um die Rubisco herum entsteht auf diese Weise eine hohe CO2-Konzentration und die Nebenreaktion mit Sauerstoff wird unterdrückt. So kann auch bei höheren Temperaturen und geschlossenen Spaltöffnungen Fotosynthese betrieben werden.

Der C4-Photosyntheseweg hat sich in dem letzte 30 Millionen Jahren über 60 Mal unabhängig voneinander an verschiedenen Orten auf der Welt entwickelt und macht rund ein Viertel der terrestrischen Primärproduktion auf unserem Planeten aus, obwohl er nur von 3 % der Arten genutzt wird. Zu den C4-Pflanzen gehören viele tropische und subtropische Gräser und manche wichtigen Nutzpflanzen, u.a. Mais, Zuckerrohr, Hirse und Sorghum.

Herausforderungen und Ziele des Projekts

Eine der größten Herausforderungen des C4-Reisprojektes, ist die Umstellung der Reisblattanatomie. In der vorangegangenen Phase des Projekts wurden bereits Fortschritte erzielt, indem ein synthetischer Ansatz für die Entwicklung des Fotosynthesewegs genutzt wurde. Ein Schwerpunkt der Forschung wird in den nächsten fünf Jahren darin bestehen, herauszufinden, welche Gene modifiziert werden müssen, um den Wechsel in der Blattanatomie zu erreichen. Professor Jane Langdale von der Universität Oxford, die das Projekt leitet, sagte: „Dies ist ein äußerst herausforderndes Projekt und wir sind der Stiftung dankbar, dass sie das Team für weitere fünf Jahre unterstützt. Die Weiterführung des Projekts bringt uns dem Ziel näher, Reissorten zu züchten, die positive und praktische Auswirkungen auf die Kleinbauern haben werden.“ Die Fortführung des Projekts macht das C4-Reis Projekt zu einem der am längsten laufenden Projekte im Landwirtschaftsportfolio der Stiftung.

Professor Julian Hibberd von der Universität Cambridge, Mitglied des Konsortiums sagte: „Wir freuen uns sehr, auf den bisherigen bedeutenden Fortschritten aufbauen zu können und dem Ziel näher zu kommen einen ertragreicheren Reis zu erzeugen.“ Das Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie war bereits in der vorangegangenen Projektphase Partner und wird nun in der neu finanzierten Phase IV noch eine weitaus größere Rolle spielen und dabei helfen, herauszufinden, welche Reispflanzen über den C4-Weg CO2 binden. Prof. Dr. Mark Stitt und Dr. John Lunn hoffen gemeinsam mit ihren internationalen Kollegen aus dem Konsortium, dass bis zum Ende der nächsten Forschungsphase im Jahr 2024 in Taiwan experimentelle Feldversuche durchgeführt werden können. Im Jahr 2039 könnte der Reis dann von den Bauern genutzt werden. Professor Langdale betonte: „Hier geht es darum, Hüter von etwas zu sein, das größer ist als unser individuelles wissenschaftliches Interesse.“

Voraussetzung für die Finanzierung des Projekts durch die Gates Foundation ist ein Global Access Commitment. Hierbei soll sichergestellt werden, dass das Wissen und die Fortschritte denjenigen zu einem bezahlbaren Preis zur Verfügung gestellt und zugänglich gemacht werden, die dies in den Entwicklungsländern am dringendsten benötigen.

URS

*Bei dem C4-Reis-Projekt handelt es sich um eine internationale Zusammenarbeit, an der 10 Forschergruppen, von 7 Institutionen in 5 verschiedenen Ländern beteiligt sind:

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