Jeff Schell Preis am Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie vergeben

Der Nachwuchspreis des Max-Planck-Instituts für Molekulare Pflanzenphysiologie geht in diesem Jahr an zwei junge Wissenschaftlerinnen aus Argentinien und Deutschland

6. Juni 2018
Am Mittwoch, den 6. Juni 2018 wurde in einer Feierstunde der diesjährige Jeff Schell Preis an die Preisträgerinnen vergeben. Mit dem Preis werden seit dem Jahr 2011 die wissenschaftlichen Leistungen junger Forscherinnen und Forscher gewürdigt. In diesem Jahr wurde der Postdoktorandenpreis an die Argentinierin Dr. Corina M. Fusari, der Doktorandenpreis an Franziska Fichtner aus Deutschland vergeben.

Franziska Fichtner beschäftigte sich in ihrer Doktorarbeit mit der Sprossverzweigung von Pflanzen und untersuchte, was das Zuckermolekül Trehalose-6-Phosphat (T6P) hiermit zu tun hat. Als Forschungsobjekt wählte sie die Gartenerbse, ein klassisches Modell für diese Untersuchungen.

T6P ist bereits bekannt dafür, ein Signalgeber in der Pflanze zu sein. Es informiert die Pflanze darüber, wie viel Saccharose im Moment zur Verfügung steht und reguliert auch die Synthese und den Verbrauch von Saccharose. Saccharose entsteht in der Pflanze bei Licht durch die Fotosynthese und ist der wichtigste Transportzucker in Pflanzen. Sie wird von ihrem Produktionsort zu anderen Zielgeweben transportiert und dort gespeichert oder direkt genutzt. Franziska Fichtner hat nun gezeigt, dass T6P auch für die Verzweigung der Pflanze von Bedeutung ist.

Der Hauptspross einer Pflanze besitzt eine Endknospe an der Spitze, die schnell wächst. Gleichzeitig hemmt sie das Wachsen der Seitenknospen, wodurch eine Bildung von Seitensprossen unterdrückt wird. In ihren Untersuchungen fand Franziska Fichtner heraus, dass ein Entfernen der Endknospe in einem Anstieg der T6P-Konzentration in den Seitenknospen resultierte und mit dem Aufbrechen und Wachstum von Seitensprossen einherging. Seit über 50 Jahren ging man davon aus, dass Pflanzenhormone diese Aufgabe übernehmen. Franziska Fichtners Ergebnisse lassen nun vermuten, dass T6P ein Signalgeber für die Pflanze ist, was zu einer Stimulierung des Saccharoseverbrauchs in den Seitenknospen führt, wodurch die Knospenruhe aufgehoben wird. Darüber hinaus könnte T6P ein Signalgeber für den Stoffwechsel sein, damit ein Wachstum des neuen Sprosses möglich ist.

Zur Person

Franziska Fichtner schloss ihr Biologiestudium 2013 an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn mit dem Master ab, unterstützt durch ein Stipendium der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V.  und der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Seit dem Jahr 2013 forscht sie am Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie. Ihre Doktorarbeit, gefördert durch ein Stipendium der International Max Planck Research School – „Primary Metabolism and Plant Growth“, hat sie 2017 erfolgreich mit der Bestnote summa cum laude verteidigt. Doktorvater Professor Mark Stitt, Leiter der Abteilung Metabolische Netzwerke und Direktor am MPI-MP beschreibt die junge Forscherin als eine der besten unter seinen Studierenden mit einer Passion für die Wissenschaft und einer ausgeprägten Fähigkeit Themen zu durchdringen. Darüber hinaus sind ihr konstruktiv kritisches Denken und ihr unermüdlicher Enthusiasmus hervorzuheben.

 

Dr. Corina Fusari ging es in ihrem Forschungsprojekt um die Erlangung eines tiefergehenden Verständnisses des pflanzlichen Wachstums und seiner Regulation. Dazu führte sie im großen Maßstab Kartierungen des Genoms der Modellpflanze Arabidopsis thaliana durch, um nach Einzelgenen oder Chromosomenabschnitten, die die Enzymaktivität beeinflussen, zu suchen.

Wachstum ist ein komplexer Prozess, der auf verschiedenen Ebenen abläuft und über verschiedene Schaltstellen reguliert wird. Ansatzpunkt für die Untersuchungen war, wie es nicht anders sein kann, wenn es um Wachstum geht, der Zentrale Stoffwechsel. Im Zentralen Stoffwechsel gewinnen die Pflanzen ihre Energie aus der Strahlungsenergie der Sonne (Fotosynthese) und bilden die zum Wachstum und für ihre Entwicklung benötigten Substanzen. Es laufen dabei chemische Reaktionen ab, wobei lange Reaktionsketten und Zwischenstufen durchlaufen werden. Die einzelnen Reaktionen des Stoffwechsels werden durch Enzyme katalysiert, auf die vielfältige Regulationsmechanismen einwirken, wie die Ressourcenverfügbarkeit, Umwelteinflüsse oder Entwicklungsstand. Elemente dieses Regelsystems sind u.a. die aktuellen Enzymkonzentrationen und die Neusynthese von Enzymen durch die Aktivierung der entsprechenden Gene (Genexpression, Translation) sowie der Enzymabbau. Man kann sich bei dieser Menge an Einflussfaktoren und Regelsystemen leicht vorstellen, wie schwierig es ist, die hochkomplexen Prozesse, die für das Wachstum eine Rolle spielen, nachzuvollziehen und zu verstehen. In der Vergangenheit wurde bereits versucht Aufschluss über Enzyme, ihre Aktivitäten und ihre Regulation zu erlangen. Dies erfolgte lange Zeit indirekt durch die Messung von Stoffen, die Rückschlüsse auf die Enzymaktivitäten zuließen. Durch neue Techniken und Methoden war es Corina Fusari möglich direkt die genetische Architektur des Metabolismus zu untersuchen.

Die vergleichende Kartierung von Abschnitten auf den Chromosomen, die verantwortlich sind für Enzymaktivitäten bei Arabidopsispflanzen verschiedener Herkunft, erlaubten es ihr zwischen zwei unterschiedlichen Faktoren, die die Enzymaktivität beeinflussen, zu unterscheiden. Erstens, Veränderungen in den Genen, die die Enzyme kodieren und somit direkt die Eigenschaften des jeweiligen Enzyms beeinflussen (Strukturgene, sog. cis QTL). Zweitens, Veränderungen in anderen Genen, die zuständig sind für regulatorische Abläufe wie die Produktion, den Transport und die Stabilität des Enzyms (regulatorische Gene, sog. trans QTL). Sie konnte zeigen, dass cis-QTL und trans-QTL zur genetischen Variabilität in der Enzymaktivität beitragen, wobei cis-QTL oft sehr stark sind, aber trans-QTL öfter vorkommen. Dr. Fusaris Arbeit liefert Einblicke in die Evolution von Strukturgenen. Ferner wurden viele neue regulatorische Gene entdeckt, wobei klar wurde welches breite Spektrum an biologischen Funktionen diese Gene ausüben. Zum Beispiel hat Dr. Fusari entdeckte, dass ein bereits bekanntes Gen, das von großer Bedeutung für den Widerstand gegen Pathogene ist, breitangelegte Auswirkungen auf den Stoffwechsel hat. Dieser Befund deutet auf eine enge Verflechtung zwischen Metabolismus und Pathogenabwehr hin.

Zur Person

Dr. Corina Fusari studierte Biotechnologie an der Nationalen Universität von Litoral in Santa Fe, Argentinien und arbeitete dort auf dem Gebiet der Enzymologie. Für ihre Doktorarbeit wechselte sie an die Universität Buenos Aires und beschäftigte sich mit quantitativer Genetik. Unterstützt von dem renommierten Georg Foster Forschungsstipendium der Alexander von Humboldt Stiftung kam Dr. Fusari im Jahr 2012 an das Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie in die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Mark Stitt, Direktor am Institut. Er ist der Ansicht: „Es war ein absoluter Glücksfall, eine Wissenschaftlerin rekrutieren zu können, die sowohl auf dem Gebiet der Quantitativen Genetik als auch der Enzymologie einschlägige Erfahrungen mitbrachte. Ihre Kenntnisse auf beiden Gebieten gepaart mit ihrer großen Geduld, sehr guter Organisationsfähigkeit und einer außergewöhnlichen Themenfokussierung haben diese komplexe und umfassende Arbeit möglich gemacht.“

 

Die Auszeichnung der beiden Wissenschaftlerinnen wurde ermöglicht durch eine großzügige Spende der BASF.

 

Jeff Schell, der Namensgeber des Preises, revolutionierte die Pflanzenforschung

Der Namensgeber des Preises ist der belgische Molekularbiologe Jozef Stefaan (Jeff) Schell (1935 – 2003). Er studierte Zoologie und Mikrobiologie an der Universität in Gent, wo er von 1967 bis 1995 als Professor arbeitete. Von 1978 bis 2000 war er Direktor und Leiter der Abteilung „Molekulare Grundlagen der Pflanzenzüchtung“ am Max-Planck-Institut für Züchtungsforschung in Köln.

Schell war einer der Pioniere der Biotechnologie. Ihn interessierten als Mikrobiologen die Wechselwirkungen zwischen Pflanzen und Bodenbakterien. Bei seinen Untersuchungen zur Entstehung und Entwicklung pflanzlicher Tumoren zeigte sich, dass das im Boden weit verbreitete Agrobacterium tumefaciens Gene auf Pflanzen übertragen kann. In der Folge führten diese Forschungsergebnisse dazu, dass mit Hilfe dieses Bakteriums gezielt Gene in Pflanzen eingeschleust werden können.

Das Verfahren zur Transformation von Pflanzen hat seither die Pflanzenforschung revolutioniert, da mit seiner Hilfe die Funktion von Genen bestimmt werden kann und so die Pflanzenforscher weltweit die Möglichkeit haben, Stoffwechselabläufe, pflanzliches Wachstum und pflanzliche Entwicklung besser zu verstehen.

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