Jeff Schell Preis für zwei junge Pflanzenforscherinnen 

Der Nachwuchspreis des Max-Planck-Instituts für Molekulare Pflanzenphysiologie geht in diesem Jahr an Wissenschaftlerinnen aus Chile und Kroatien für ihre exzellente Forschung. 

6. November 2017
Am Freitag, den 3. November wurde am Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie der diesjährige Jeff Schell Preis vergeben. Mit diesem Preis werden seit dem Jahr 2011 die wissenschaftlichen Leistungen junger Forscherinnen und Forscher gewürdigt. In diesem Jahr ging der Postdoktorandenpreis an die Chilenin Dr. Paulina Fuentes Taladriz, der Doktorandenpreis an Sanja Sviben aus Kroatien. 

Dr. Paulina Fuentes schloss ihr Biologiestudium 2011 an der Universität in Santiago in Chile mit dem Master ab. Seit dem Jahr 2012 forscht sie am Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie und erhielt im Jahr 2015 ihren Doktorgrad. Bereits während ihrer Doktorarbeit beschäftigte sie sich mit der Erforschung der Möglichkeit Artemisinin, den wichtigsten medizinischen Wirkstoff gegen Malaria, in bestimmten Zellbestandteilen von Pflanzen in pharmazeutisch ausreichenden Konzentrationen herzustellen. Artemisin kommt natürlicherweise als Inhaltsstoff beispielsweise in Beifuß vor, der bei uns als Gewürz, aber auch als Heilpflanze verwendet wird. Grundgedanke der Forschungen war es, den komplexen Stoffwechselweg, der für die Bildung von Artemisinin verantwortlich ist, aus der Heilpflanze in eine Pflanze mit höherer Biomasseproduktion zu übertragen, um so die Artemisininproduktion zu erhöhen und damit insgesamt kostengünstiger zu machen. Nach ihrer Doktorarbeit blieb Dr. Fuentes als Postdoktorandin am MPI für Molekulare Pflanzenphysiologie und dem Thema Artemisinin treu. Zu einem besonderen Durchbruch in ihrer Forschung kam es, als sie eine neue Methode entwickelte, die die Übertragung des Artemisinin-Stoffwechsels auf Tabakpflanzen nicht nur ermöglichte, sondern auch vereinfachte. Darüber hinaus gelang es ihr durch die geschickte Kombination des Transfers der für den Artemisinin-Stoffwechsel notwenigen Gene in Chloroplasten und Kern, eine noch nie da gewesene Konzentration der unmittelbaren Vorstufe von Artemisinin in Tabak zu produzieren. Der kombinierte Gentransfer in Chloroplasten und Zellkern war notwendig, um die Regulation der Artemisininproduktion in den Chloroplasten optimieren zu können. Dr. Fuentes veröffentlichte ihre bahnbrechenden Ergebnisse in eLife in 2016. Professor Ralph Bock, Leiter der Abteilung Organellenbiologie, Biotechnologie und molekulare Ökophysiologie und Direktor am MPI-MP ist sich sicher, dass seine Mitarbeiterin Paula Fuentes „nicht nur die Grundlage für die kostengünstige Produktion lebensrettender Pharmazeutika in biomassereichen Pflanzen gelegt hat, sondern gleichzeitig ein Werkzeug bereitgestellt hat, das im Zusammenhang mit der Übertragung und Nutzung weiterer Stoffwechselprozesse angewendet werden kann, mit dem Ziel, weitere wichtige Arzneimittel kostengünstig in Pflanzen zu produzieren.“

Sanja Sviben studierte an der Universität Zagreb Biologie und schloss dort ihr Studium 2012 mit einem Master in Molekularbiologie ab. Bereits während ihres Studiums interessierte sie sich für die Biomineralisation bei Algen und Korallen. Unter Biomineralisation versteht man die kontrollierte Bildung von Mineralen durch Organismen. Seit Juni 2013 arbeitete sie als Doktorandin in der Arbeitsgruppe von Dr. André Scheffel, die sich mit der Biomineralbildung bei Algen beschäftigt. Im Zuge ihrer Forschungsarbeit untersuchte sie die Bildung von Kalk bei einer bestimmten Gruppe von Meeresalgen deren Kalkprodukte den Hauptbestandteil der Kreide ausmachen. Dazu verwendete sie ein breites Spektrum biochemischer, molekularbiologischer und ausgefeilte physikalische Techniken. Sie entwickelte eine ganze Reihe verschiedener Versuchsansätze und Methoden zur Probenaufarbeitung, die dann auch von ihren Projektpartnern genutzt werden konnten und den Forschungsgruppen nun für weiterführende Forschungen zur Verfügung stehen. Frau Svibens Arbeit, bei der sie mit Forschern des MPI für Kolloid- und Grenzflächenforschung sowie des Geoforschungszentrums in Potsdam zusammenarbeitete, führte zur Entdeckung einer bisher unbekannten zellulären Komponente bei der Kalkbildung der Algen. Doktorvater Dr. Scheffel würdigte bei der Preisverleihung die „intellektuellen Fähigkeiten, den Enthusiasmus, das innovative Denken und die Kommunikationsfähigkeiten“ der jungen Forscherin. Im Mai 2017 schloss sie ihre Doktorarbeit mit einem „summa cum laude“, also der bestmöglichen Note, ab.

Der Preis ist mit jeweils 2.500 Euro dotiert. Die Auszeichnung der beiden Wissenschaftlerinnen wurde ermöglicht durch eine großzügige Spende der BASF.

 

Jeff Schell revolutionierte die Pflanzenforschung

Der Namensgeber des Preises ist der belgische Molekularbiologe Jozef Stefaan (Jeff) Schell (1935 – 2003). Er studierte Zoologie und Mikrobiologie an der Universität in Gent, wo er von 1967 bis 1995 als Professor arbeitete. Von 1978 bis 2000 war er Direktor und Leiter der Abteilung „Molekulare Grundlagen der Pflanzenzüchtung“ am Max-Planck-Institut für Züchtungsforschung in Köln.

Schell war einer der Pioniere der Biotechnologie. Ihn interessierten als Mikrobiologen die Wechselwirkungen zwischen Pflanzen und Bodenbakterien. Bei seinen Untersuchungen zur Entstehung und Entwicklung pflanzlicher Tumoren zeigte sich, dass das im Boden weit verbreitete Agrobacterium tumefaciens Gene auf Pflanzen übertragen kann. In der Folge führten diese Forschungsergebnisse dazu, dass mit Hilfe dieses Bakteriums gezielt Gene in Pflanzen eingeschleust werden können.

Das Verfahren zur Transformation von Pflanzen hat seither die Pflanzenforschung revolutioniert, da mit seiner Hilfe die Funktion von Genen bestimmt werden kann und so die Pflanzenforscher weltweit die Möglichkeit haben, Stoffwechselabläufe, pflanzliches Wachstum und pflanzliche Entwicklung besser zu verstehen.

 [URS]

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