Sonnenschutz für Pflanzen

Inhaltsstoffe bieten Pflanzen Schutz vor schädlicher UV-Strahlung

22. August 2016
Sommer, Hitze, Sonnenbrand – Eine Kombination der wir derzeit häufig begegnen. Während wir unsere Haut mit Sonnencreme schützen, haben auch Pflanzen Mechanismen entwickelt, um der schädlichen UV-Strahlung entgegenzuwirken. Sogenannte sekundäre Pflanzenstoffe können diese und viele weitere Aufgaben in Pflanzen übernehmen. Auch für den Menschen haben sie häufig gesundheitsfördernde Eigenschaften. Das Forscherteam um Dr. Alisdair Fernie und Dr. Takayuki Tohge am Max-Planck-Institut für molekulare Pflanzenphysiologie untersucht diese komplexe Stoffgruppe im Detail und ist hierbei auf einen bisher unbekannten Inhaltsstoff gestoßen, der Pflanzen vor Schädigungen durch UV-Strahlung schützen kann. Das Team hat zusammen mit seinen japanischen Kooperationspartnern genauer nachgeschaut und diese Stoffe, sowie die beteiligten FPT2 Gene, eingehend charakterisiert. Ihre Erkenntnisse veröffentlichten sie in der Fachzeitschrift Nature Communications.

Pflanzen besitzen mehrere hunderttausende Substanzen mit unterschiedlichsten Funktionen. Neben den primären Stoffen, wie Zuckern und Aminosäuren, gibt es auch die große Gruppe der sogenannten sekundären Pflanzenstoffe. Diese übernehmen unterschiedlichste Funktionen, wie die Abwehr von Fraßfeinden, die Regulation von Wachstumsprozessen oder sie fungieren als Farbstoffe.
Die sekundären Pflanzenstoffe sind zwar keine essentiellen Nährstoffe für den Menschen, aber häufig haben sie auch einen Einfluss auf den menschlichen Stoffwechsel. Besonders Flavonoiden und Carotinoiden wird eine gesundheitsfördernde Wirkung nachgesagt. Sie dienen als natürliche Antioxidantien und wirken zum Beispiel entzündungshemmend.

In Pflanzen können die sekundären Pflanzenstoffe auch vor Schädigungen durch Licht schützen. Denn obwohl die Pflanze auf das Sonnenlicht für den Photosynthese-Prozess angewiesen ist, ist die Strahlung im UV-Bereich auch für sie schädlich. UV-B Strahlen schädigen das Erbgut und Proteine, so dass es zu Mutationen kommen kann. Besonders empfindlich reagieren die Blüten auf die UV-B Strahlung, was zu einer Störung der Fortpflanzung und somit einer Verminderung des Ertrags in Nutzpflanzen führen kann. Unter diesem ständigen Druck haben Pflanzen im Laufe der Evolution aber schützende Stoffe entwickelt. 

Das Forscherteam um Dr. Alisdair Fernie und Dr. Takayuki Tohge vom Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie hat sich auf die Suche nach solchen Stoffen begeben. Für ihre Untersuchungen nutzen die Forscher die Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana). Sie ist eine der wichtigsten pflanzlichen Modellorganismen, die weltweit vorkommt. Ihre weite geographische Verbreitung hat zur Ausbildung verschiedenster Ökotypen geführt, die an die Bedingungen ihres jeweiligen Habitats angepasst sind. In den Blüten von 64 dieser Arabidopsis-Ökotytpen bestimmten die Forscher verschiedene sekundäre Pflanzenstoffe, die sie genauer analysierten.

Zunächst untersuchten sie 68 Stoffe in Blüten, von denen 18 bisher unbekannte Stoffe mit ähnlicher Struktur waren. Mit Hilfe ihrer japanischen Kooperationspartner um Prof. Kazuki Saito und Prof. Hiromitsu Takayama gelang es dem Forscherteam die chemische Zusammensetzung dieser Substanzen zu identifizieren. Sie ordneten sie der Stoffgruppe der Flavonoide zu, genauer gesagt einer Flavonoid-Untergruppe, den Flavonolen. Da diese Stoffe bisher unbekannt waren hatten die Forscher die ehrenvolle Aufgabe der Stoffklasse einen Namen zu geben. Sie entschieden sich für „Saiginole“.
„Wir haben das alte japanische Wort saigiru genutzt, es steht für Blockierung oder Unterbrechung. Daran haben wir die typische Endung „nol“ für die Stoffgruppe der Flavonole angefügt“, erklärt Dr. Takayuki Tohge. 

Neben der Strukturaufklärung dieser unbekannten Stoffe erzielten die Forscher erste Fortschritte in der Aufklärung der Biosynthese des Saiginolstoffwechsels. Sie konnten ein Gen (FPT2) identifizieren, das für die Produktion aller 18 Saiginole verantwortlich ist. Darüber hinaus war es den Forschern möglich nachzuweisen, dass die Saiginole besondere UV-B absorbierende Eigenschaften besitzen und somit die Pflanze vor schädlicher Strahlung schützen können. Besonders auffällig war allerdings, dass nur 31 der 64 Arabidopsis-Ökotypen diese Inhaltsstoffe überhaupt produzieren. Eine Standortanalyse konnte zeigen, dass alle Ökotypen, die in Gebieten mit hoher Sonneneinstrahlung beheimatet sind, Saiginole produzieren. Die Forscher vermuten, dass die 33 übrigen Ökotypen, die diese Stoffe nicht produzieren, aufgrund ihres Heimatstandorts nicht auf den deren Schutz vor schädlicher Strahlung angewiesen sind.

In ihrer vergleichenden Analyse fanden dies Forscher das FTP2 Gen bisher nur in Arabidopsis. In anderen Pflanzen, vor allem in nahe verwandten Kreuzblütlern, konnte das Forscherteam aber ähnlich Gensequenzen identifizieren, die die gleiche Funktion übernehmen könnten. Weitere Analysen dieser Genregion soll die evolutionäre Entstehung dieser Gene in Arabidopsis und Kreuzblütlern aufklären.

UG

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