Fluoreszenz als Wegweiser im Pflanzengewebe

Der Einsatz von GFP als molekularer Marker bei virusinduzierter Genstilllegung bringt viele Vorteile

12. Juli 2011
Das Genom verschiedener Tiere und Pflanzen und zahlreicher Mikroorganismen ist entschlüsselt. Jetzt stehen die Forscher vor der Aufgabe, dem Buchstabengewirr der DNA genaue Funktionen zuzuschreiben. Um die Bedeutung einzelner Gene zu verstehen, schalten die Forscher bestimmte DNA-Bereiche ab und analysieren die dadurch hervorgerufenen Veränderungen im Vergleich zu unveränderten Kontrollorganismen. Damit bei Pflanzen die Gewebeteile identifiziert werden können, in denen erfolgreich das Zielgen ausgeschaltet wurde, wird ein zweites Gen (Markergen), das eine optische sichtbare Veränderung im Pflanzengewebe hervorruft, ebenfalls stillgelegt. Das bisher genutzte Markergen führte aber oftmals zu so starken Veränderungen des pflanzlichen Stoffwechsels, dass der Vergleich mit den Kontrollpflanzen und die Funktionsbestimmung des eigentlichen Zielgens erschwert wurden. Wissenschaftler des Max-Planck-Institutes für Molekulare Pflanzenphysiologie in Golm haben in Zusammenarbeit mit Forschergruppen aus Brasilien und Argentinien die Effizienz eines neuen Markers getestet. Das grün-fluoreszierende Protein (GFP) kam dabei zum Einsatz und stellte seine Vorteile als molekularer Marker unter Beweis.

Um herauszufinden, welchen Einfluss ein Gen auf die Eigenschaften eines Lebewesens ausübt, hat sich die Methode der virusinduzierten Genstilllegung (VIGS) etabliert. Die Herstellung eines Proteins aus DNA kann in zwei Abschnitte unterteilt werden. Zuerst wird die doppelsträngige DNA in ihre Transportform, die einzelsträngige mRNA, umgeschrieben und aus dem Zellkern ins Zellplasma exportiert. Dort findet im nächsten Schritt die Proteinsynthese statt. Die Bildung des Proteins kann unterbunden werden, indem mithilfe eines Virusplasmids kurze RNA-Stücke in die Zelle eingebracht werden, die sich komplementär an die mRNA anlagern und somit deren Übersetzung in Proteine blockieren oder die mRNA sogar zerstören. Diese Methode ist einfach und mit geringem Zeitaufwand verbunden.

Leider findet die Stilllegung des gewünschten Gens nur in Teilen des Pflanzengewebes statt und nicht in allen Zellen. Um diese Gewebeteile zu identifizieren, wird bei den Experimenten immer auch ein Markergen abgeschaltet, dessen Funktionsverlust mit einer sichtbaren Veränderung einhergeht. Die Abschaltung dieses Markergens soll dabei möglichst keinen störenden Einfluss auf die biochemischen Prozesse oder die Entwicklung der Pflanze haben.
Bisher war vor allem das Gen pds, dessen Proteinprodukt eine elementare Rolle bei der Synthese von Carotinoiden und Chlorophyllen spielt, der wichtigste molekulare Marker bei VIGS-Experimenten. Seine Stilllegung behindert die Produktion der Farbpigmente und die erfolgreich transfektierten Pflanzenteile erscheinen weiß. Jedoch hat diese Veränderung gleichzeitig einen enormen Einfluss auf den Primärstoffwechsel der Pflanzen. Ohne funktionierende Chlorophylle kann die Pflanze keine Photosynthese betreiben und verhungert. Die Gehalte an Zuckern und organischen Säuren bei weißen Arabidopsis-Pflanzen ohne funktionales pds lagen erheblich unter denen normaler Pflanzen. Die weißen Tomaten wiesen überdies eine erhöhte Konzentration an anderen Pigmenten auf, um den Verlust von Carotinoiden und Chlorophyllen auszugleichen. Diese markerbedingten Veränderungen des pflanzlichen Stoffwechsels und der Pigmentsynthese erschweren einen Vergleich zwischen Wildtyp- und VIGS-Pflanzen.

Die Forscher um Alisdair Fernie vom Potsdamer Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie haben gemeinsam mit Partnergruppen aus Argentinien und Brasilien die Effizienz eines neuen Markers - dem GFP - untersucht. Das GFP-Protein ist ein äußerst stabiles fluoreszierendes Protein, was auch in vielen anderen molekularbiologischen Experimenten standardmäßig als Marker zum Einsatz kommt. Jetzt führten die Wissenschaftler das Gen für GFP in Arabidopsis und Tomatenpflanzen ein. Dadurch konnten die Pflanzen das GFP-Protein selbstständig herstellen, Blätter und Früchte leuchteten unter UV-Licht grün.

Anschließend behinderten die Forscher durch VIGS die Herstellung dieses Proteins, was eine Abnahme der Fluoreszenz zur Folge hatte. Die erfolgreich mit dem Virusplasmid infizierten Regionen konnten durch die Fluoreszenzminderung ebenso leicht identifiziert werden wie durch die Änderung der Blattfarbe von grün nach weiß bei der Abschaltung des pds-Gens. „Da GFP ein exogenes, also künstlich in die Pflanze eingeführtes, Protein ist, hatte seine Stilllegung keinen Einfluss auf den Primärstoffwechsel von Arabidopsis oder reifenTomatenfrüchten und einen nur sehr geringen Einfluss auf grüne Tomatenfrüchte“, erklärt Fernie. „Dadurch wird einerseits ein besserer Vergleich zwischen Wildtyp- und VIGS-Pflanzen möglich, außerdem kann transfektiertes Gewebe anhand der Fluoreszenzabnahme eher identifiziert werden als durch die bisher übliche pds-Methode“, betont er die weiteren Vorteile. Dieser neue experimentelle Ansatz könnte vor allem die Untersuchung von Pigmentbiosynthesen während der Fruchtreifung erheblich erleichtern, da mit GFP ein Marker gefunden wurde, der kaum Einfluss auf diesen natürlichen Prozess in den Pflanzenzellen ausübt.

CSt

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