Jeff-Schell-Preise für herausragende junge Wissenschaftler in den Bereichen Molekulare Evolution und Samenentwicklung

Max-Planck-Institut zeichnet Dr. Enrique Gonzalez-Duran und Dr. Rita Bastos Lima für ihre herausragenden Leistungen aus

24. Juni 2025

Der Jeff Schell-Preis wird jährlich im Rahmen einer feierlichen Zeremonie vom Max-Planck-Institut für molekulare Pflanzenphysiologie in Potsdam-Golm verliehen. In diesem Jahr zeichnet das Institut zwei junge Wissenschaftler, Dr. Enrique Gonzalez-Duran und Dr. Rita Bastos Lima, für ihre bahnbrechenden Forschungen auf dem Gebiet der molekularen Evolution und der Samenentwicklung aus. Der von Targenomix gestiftete Preis würdigt Nachwuchswissenschaftler, die zu bedeutenden Fortschritten in der Pflanzenforschung beigetragen haben.

Die Forschung von Dr. Enrique Gonzalez-Duran erweitert unser Wissen darüber, wie Pflanzengenome sich evolutiv verändern aber trotzdem funktionsfähig bleiben

Mutationen sind die treibende Kraft der Evolution. Eine Quelle für Mutationen ist der endosymbiotische Gentransfer (EGT). Dabei handelt es sich um einen Prozess, bei dem DNA aus Organellen wie Chloroplasten in das Kerngenom integriert wird. DNA-Schäden, sogenannte Doppelstrangbrüche (DSBs) dienen dabei als Eintrittspunkte. Obwohl EGT manchmal destabilisierend für das Genom sein kann, hat es eine Schlüsselrolle in der Evolution eukaryotischer Zellen gespielt. Die molekularen Mechanismen, die diesen Prozess steuern, waren jedoch bislang völlig unbekannt.

Dr. Gonzalez-Duran konnte nachweisen, dass die DSB-Reparaturwege dem EGT in Pflanzen entgegenwirken. Dies veranlasste Enrique, ein neues Modell für die Steuerung der EGT-Häufigkeit zur Aufrechterhaltung der Genomstabilität vorzuschlagen. Dieses Modell hat tiefgreifende Auswirkungen auf unser Verständnis der Evolution eukaryotischer Genome und ist für die Pflanzenbiotechnologie und Gentechnik von großer Bedeutung. Angesichts der Konservierung von DNA-Reparaturwegen in Pflanzen, Tieren und Pilzen könnte seine Forschung Auswirkungen haben, die weit über die Pflanzenbiologie hinausreichen.

Über Dr. Enrique Gonzalez-Duran

Dr. Enrique Gonzalez-Duran arbeitet derzeit als Postdoktorand in der Forschungsgruppe Organellenbiologie und Biotechnologie am Max-Planck-Institut für molekulare Pflanzenphysiologie, wo er auch seine Promotion abgeschlossen hat. Zuvor studierte Enrique Gonzalez-Duran Biochemie an der Pontificia Universidad Católica de Chile (PUC), wo er als Student im Labor von Xavier Jordana an der Facultad de Ciencias Biológicas (FCB) forschte.

Die Erkenntnisse von Dr. Rita Bastos Lima über die Rolle von Brassinosteroiden bei der Samenentwicklung könnten in Zukunft zu Ertragssteigerungen führen

Die Samenentwicklung ist ein eng koordinierter Prozess, der sowohl den Fortpflanzungserfolg als auch den Ertrag von Blütenpflanzen bestimmt. Dieser Prozess ist besonders wichtig für die globale Ernährungssicherheit, da Samen – wie Reis, Weizen und Mais – einen wesentlichen Teil der menschlichen Ernährung ausmachen.

In jedem Samen müssen drei wichtige Strukturen zusammenwirken: der Embryo, das Endosperm und die Samenschale. Obwohl seit langem vermutet wurde, dass Signale aus der mütterlichen Samenschale die Entwicklung des Endosperm als Nährgewebe für den Embryo regulieren, war die genaue Natur dieser Signale bislang unbekannt.

Während ihrer Zeit am Max-Planck-Institut in Potsdam hat Dr. Bastos Lima ein entscheidendes Teil dieses Puzzles gelöst. Sie wies nach, dass Brassinosteroide (BRs) – Pflanzenhormone, die in der Samenschale synthetisiert und aufgenommen werden – für die Koordination der Ausdehnung der Samenschale und die Entwicklung des Endosperms unerlässlich sind. Durch Manipulation der BR-Aktivität in der mütterlichen Samenschale gelang es ihr, die Entwicklung des Endosperms zu regulieren.

Entscheidend war ihre Entdeckung, dass BRs die physikalischen Eigenschaften der Samenschale beeinflussen und dass diese Eigenschaften – insbesondere ihre Steifheit – wiederum die Entwicklung des Endosperms steuern. Dies unterstreicht die unterschätzte Rolle physikalischer Signale in der Kommunikation zwischen den beiden Samenstrukturen.

Dr. Limas Arbeit liefert wichtige Antworten auf grundlegende Fragen der Pflanzenentwicklungsbiologie und eröffnet spannende neue Forschungsansätze. Sie birgt auch ein erhebliches biotechnologisches Potenzial, da die Regulierung der Endospermentwicklung ein entscheidender Faktor für die Bestimmung der Samengröße und des Ernteertrags ist.

Über Dr. Rita Bastos Lima

Rita Bastos Lima studierte Biologie an der Universität Uppsala in Schweden und an der Universität Porto in Portugal. Sie promovierte 2023 im Labor von Dr. Duarte Figueiredo am Max-Planck-Institut für molekulare Pflanzenphysiologie. Seit Ende 2024 forscht Dr. Rita Bastos Lima in der Gruppe von Prof. Charles Underwood an der Universität Nijmegen in den Niederlanden zum Thema Pflanzenreproduktion.

Jeff Schell revolutionierte die Pflanzenforschung

Jozef Stefaan (Jeff) Schell (1935–2003) war ein belgischer Molekularbiologe, der das Gebiet der Pflanzenbiotechnologie revolutionierte. Er studierte Zoologie und Mikrobiologie an der Universität Gent, wo er später von 1967 bis 1995 als Professor tätig war. Von 1978 bis 2000 leitete er die Abteilung Molekulare Grundlagen der Pflanzenzüchtung am Max-Planck-Institut für Pflanzenzüchtungsforschung in Köln.

Schell war einer der Pioniere der Biotechnologie. Als Mikrobiologe konzentrierte er sich auf die Wechselwirkungen zwischen Pflanzen und Bodenbakterien. Seine bahnbrechenden Arbeiten zu Pflanzentumoren führten zur Entdeckung, dass das Bodenbakterium Agrobacterium tumefaciens Gene in das Genom von Pflanzen übertragen kann. Diese Erkenntnis legte den Grundstein für eine Technik, die die Pflanzenforschung revolutionierte, indem sie die gezielte Einführung von Genen in Pflanzen ermöglichte. Diese Methode zur Transformation von Pflanzen wird bis heute verwendet, da sie Wissenschaftlern eine detaillierte Analyse der Genfunktion ermöglicht und so unser Verständnis des Stoffwechsels, des Wachstums und der Entwicklung von Pflanzen vertieft. Schells Beiträge sind nach wie vor von grundlegender Bedeutung für die moderne Pflanzenbiologie und Agrarbiotechnologie.

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