Jeff-Schell-Preise für die Entdeckung von Handwerkerproteinen in Pflanzen und eines Elternkonflikts in Samen verliehen
Dr. David Rolo und Dr. Nicolas Butel erhalten den Jeff-Schell-Preis für exzellente Nachwuchswissenschaft am Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie.
Der Jeff-Schell-Preis des Max-Planck-Instituts für Molekulare Pflanzenphysiologie wird jährlich in einer festlichen Zeremonie auf dem Max-Planck-Campus in Golm verliehen. In diesem Jahr ehrt das Institut zwei junge Wissenschaftler, Dr. David Rolo und Dr. Nicolas Butel, für ihre Forschung an Photosystemen und am Endosperm von Pflanzen.
Dr. David Rolo entdeckte mithilfe einer innovativen Methode, wie der komplizierte Photosyntheseapparat in Pflanzenzellen zusammengesetzt wird
Pflanzen speichern die Energie des Sonnenlichts, indem sie Zucker aus Wasser und Kohlendioxid herstellen. Dieser lebenswichtige Prozess wird Photosynthese genannt. Um die Energie des Sonnenlichts einzufangen, nutzen Pflanzen große Proteinkomplexe (Photosysteme), die aus vielen Proteinen und Pigmenten bestehen. Der Zusammenbau dieser riesigen Komplexe wird von sogenannten Assemblierungsproteinen (Montageproteinen) gesteuert, von denen bisher nur wenige entdeckt wurden. Daher bleibt weitgehend im Dunkeln, wie die großen Lichtfängerkomplexe eigentlich zusammengebaut werden.
David Rolo hat eine innovative Methode entwickelt, um neue Montageproteine zu identifizieren, und damit die Funktion eines von ihm entdeckten Assemblierungsproteins entschlüsselt. Pflanzen produzieren die Montageproteine nur dann, wenn Photosysteme in einer Zelle zusammengesetzt werden müssen. Dr. Rolos Ansatz basiert darauf, die Produktionsmuster der zehntausenden Proteine in Pflanzen zu untersuchen, um diejenigen zu identifizieren, die immer gleichzeitig mit den wenigen bereits bekannten Montageproteinen produziert werden. "Die Idee hinter diesem Ansatz ist, dass Proteine, die in verschiedenen Pflanzenteilen und Lebensphasen immer zusammen produziert werden, sehr wahrscheinlich am selben Prozess beteiligt sind", sagt Rolo.
Besonders spannend ist, dass diese Methode nicht nur zum Aufspüren von Assemblierungsproteinen für Photosysteme funktioniert, sondern wahrscheinlich auch zur Suche nach Proteinen verwendet werden kann, die am Zusammenbau anderer großer Proteinkomplexe beteiligt sind, von denen es viele in Pflanzen und Tieren gibt.
Über Dr. David Rolo
Vor seiner Doktorarbeit am Max-Planck-Institut in der Forschungsgruppe Organellenbiologie und Biotechnologie studierte David Rolo Biologie an der Université François Rabelais de Tours, der Université Angers und der Université de Strasbourg sowie Biotechnologie an der École Supérieure de Biotechnologie de Strasbourg in Frankreich.
Dr. Nicolas Butel erforschte, wie elterliche Konflikte die Samenentwicklung beeinflussen
Pflanzenembryonen ernähren sich während ihrer Entwicklung im Samen von einem Nährgewebe, dem Endosperm. Bei vielen Getreidepflanzen besteht der Samen größtenteils aus Endosperm, somit ist dieses Gewebe eine Grundlage unserer Ernährung. Bei den meisten Blütenpflanzen wächst das Endosperm nach der Befruchtung zunächst ohne Zellwände zu bilden, was zur Bildung einer einzigen großen Zelle mit vielen Kernen führt. Anschließend bilden sich Zellwände um diese Kerne in einem Prozess, der als Zellularisierung bekannt ist. Ohne diesen Schritt kann der Embryo nicht mit den Ressourcen des Endosperms versorgt werden und stirbt ab.
Dr. Butel zeigte, dass die väterlichen Gene aus dem Pollen und die mütterlichen Gene im Endosperm in einen Interessenkonflikt geraten, der für das Überleben des Embryos entscheidend ist. Weibliche Blüten sind oft promiskuitiv und können von Pollen vieler Partner bestäubt werden. Somit konkurrieren die sich entwickelnden Samen, die jeweils Gene von verschiedenen Vätern, aber die gleichen mütterlichen Gene tragen, um die begrenzten Ressourcen der Mutterpflanze.
Bei vielen Pflanzen wächst das Endosperm nach der Zellularisierung nicht weiter. Eine spätere Zellularisierung bedeutet daher mehr Ressourcen und einen größeren Samen. Väterliche Gene zielen darauf ab, die Ressourcenzuweisung für den einzelnen Samen zu maximieren und verzögern daher die Zellularisierung. Mütterliche Gene streben an, die Ressourcen gleichmäßig auf alle Samen zu verteilen. Dies liegt daran, dass nur die Mutter mit all ihren Samen gleichermaßen verwandt ist und somit das Überleben all ihrer Nachkommen sichert. Die unterschiedliche Aktivierung von väterlichen und mütterlichen Genen schafft ein Gleichgewicht, das für die Größe und Lebensfähigkeit der Samen entscheidend ist. Die Ergebnisse dieser Forschung ermöglichen es, die genetische Regulation der Samengröße bei Nutzpflanzen besser zu verstehen, was es Pflanzenzüchtern ermöglichen könnte, die Ernteerträge gezielt zu steigern.
Über Dr. Nicolas Butel
Dr. Butel studierte integrative Biologie und Physiologie an der Universität Versailles-Saint-Quentin-en-Yvelines in Versailles und der Universität Pierre et Marie Curie in Paris, bevor er seine Doktorarbeit am National Research Institute for Agriculture, Food and the Environment und der Universität Paris XI abschloss. Seit 2021 forscht Dr. Butel am Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie in der Forschungsgruppe Epigenetische Mechanismen der pflanzlichen Reproduktion.
Jeff Schell revolutionierte die Pflanzenforschung
Der Namensgeber des Preises ist der belgische Molekularbiologe Jozef Stefaan (Jeff) Schell (1935 – 2003). Er studierte Zoologie und Mikrobiologie an der Universität Gent, wo er von 1967 bis 1995 als Professor tätig war. Von 1978 bis 2000 war er Direktor und Leiter der Abteilung "Molekulare Grundlagen der Pflanzenzüchtung" am Max-Planck-Institut für Pflanzenzüchtungsforschung in Köln. Schell war einer der Pioniere der Biotechnologie. Als Mikrobiologe interessierte er sich für die Wechselwirkungen zwischen Pflanzen und Bodenbakterien. In seinen Studien zur Entstehung und Entwicklung von Pflanzentumoren entdeckte er, dass das Bodenbakterium Agrobacterium tumefaciens Gene auf Pflanzen übertragen kann. Seine Forschungsergebnisse fürhten dazu, dass heute mit Hilfe dieses Bakteriums gezielt Gene in Pflanzen eingeschleust werden können.
Das Verfahren zur Transformation von Pflanzen hat seither die Pflanzenforschung revolutioniert, da mit seiner Hilfe die Funktion von Genen bestimmt werden kann und so Forscherinnen und Forscher weltweit die Möglichkeit haben, Stoffwechselabläufe, pflanzliches Wachstum und pflanzliche Entwicklung besser zu verstehen.
Der Jeff-Schell-Preis wurde durch eine großzügige Spende von Targenomix, einem Unternehmen von Bayer Crop Science, ermöglicht.