Potsdamer Forscher erhält prestigeträchtige Forschungsförderung zur Optimierung von Pflanzen-Mikroben-Interaktionen für verbesserte Ernteerträge
Alexander Förderer vom Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie erhält 2,85 Millionen Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, um schädliche und nützliche Beziehungen zwischen Pflanzen und den Mikroben in ihrer Umwelt zu untersuchen.
Dr. Alexander Förderer, Forschungsgruppenleiter am Max-Planck-Institut für molekulare Pflanzenphysiologie in Potsdam, hat eine der begehrten BMBF-Nachwuchsgruppenleiter Förderungen in der Förderinitiative „Kreativer Nachwuchs forscht für die Bioökonomie“ erhalten. In seinem Projekt "DETECTOME" wird er molekulare Grundlagen untersuchen, die es Pflanzen ermöglicht Mikroben zu erkennen und angemessen auf sie zu reagieren. Seine Erkenntnisse könnten zu einer neuen Form von Landwirtschaft beitragen, in der Einblicke über Proteinstrukturen der Pflanzenzucht nutzen.
Ernte hängt von Mikroben ab
In einem Gedicht schrieb John Donne: "No man is an island". Das Gleiche gilt für Pflanzen! Sie sind umgeben von einer überwältigenden Vielzahl an Mikroben. Diese tummeln sich auf ihren Blättern, an den Wurzeln, im Wasser und in der Luft. Einige von ihnen leben nur auf ihren Pflanzen und beeinträchtigen sie kaum. Nicht alle Mikroben sind aber solch unscheinbare Bewohner. Einige von ihnen zehren von ihrer Pflanze und machen sie krank. Wiederum andere, sogenannte Symbionten, betreiben regen Tauschhandel mit ihrer Pflanze und liefern Nährstoffe wie Stickstoff oder Phosphate im Austausch gegen Zucker und Lipide.
Im Alltag schenken wir den Wechselwirkungen zwischen Pflanzen und Mikroben keine große Aufmerksamkeit. Wenn es aber um Nutzpflanzen geht, sind genau diese Beziehungen aber wirklich entscheidend. Der Grund dafür: bestimmte Wechselwirkungen zwischen Pflanzen und Mikroben können signifikant den Ertrag beeinflussen.
Der Weg der Menschheitsgeschichte ist gepflastert mit Geschichten vom Kampf der Kulturpflanzen gegen Krankheitserreger. Weizen zum Beispiel wird seit seiner Domestizierung in der Steinzeit bis heute vom unerbittlichen Schwarzrost geplagt. Ein anderes Beispiel ist die Kraut- und Knollenfäule. Sie verursachte in den 1840er Jahren die irische Hungersnot, die bekanntermaßen dazu führte, dass etwa ein Drittel der Bevölkerung verhungerte oder auswanderte. Trotz internationaler Bemühungen sind Pandemien bei Nutzpflanzen inzwischen jedoch an der Tagesordnung. Die Menschheit bekämpft solche Krankheiten unter anderem mit angepassten Anbaumethoden, Resistenzzüchtung und chemischen Mitteln.
Interaktionen von Nutzpflanzen mit symbiontischen Mikroorganismen und das darin liegende Potenzial zur gezielten Ertragssteigerung sind noch wenig erkundet. Stattdessen verwenden Landwirte Kunstdünger. Düngemittel verursachen aber ökologische Probleme, und die Herstellung braucht fossile Brennstoffe, große Energiemengen und natürlich vorkommende Erze.

Die Forschung von Dr. Alexander Förderer zielt darauf ab, die Widerstandsfähigkeit von Nutzpflanzen gegenüber Krankheitserregern zu verbessern und sie daneben so auszustatten, dass sie auf die Vorteile des Zusammenlebens mit Symbionten optimal zugreifen können.
"Der Schlüssel zur Verbesserung der Ernteerträge durch eine bessere Reaktion von Pflanzen auf Mikroben liegt in ihren Rezeptoren", sagt Alexander Förderer. Rezeptoren sind Proteine, und viele von ihnen dienen der Pflanze zur Erkennung und Unterscheidung von Mikroben. Pflanzen haben hunderte von solchen Rezeptorproteinen. Es ist so ähnlich wie bei den Rezeptoren in unserer Nase, welche Duftmoleküle erkennen um ein Geruchsempfinden zu erzeugen. Pflanzen verwenden ihre Rezeptoren, um Moleküle von Mikroben zu erkennen. Je nachdem, ob die Pflanze Moleküle von krankheitserregenden oder symbiotischen Mikroben erkennt, reagiert sie anders.
Wenn ein Krankheitserreger entdeckt wird, löst die Pflanze eine starke Immunantwort aus. Das verhindert ein tieferes Eindringen des Erregers. Eine resistente Kultursorte, die über einen spezifischen Rezeptor zur Erkennung eines bestimmten Krankheitserregers verfügt, kann dem Angriff widerstehen. Eine anfällige Sorte hingegen erliegt dem Befall. Das kann oft daran liegen, dass ihr ein geeigneter Rezeptor zur Erkennung fehlt.
Die Reaktion einer Pflanze auf Symbionten ist ganz anders. Wenn die richtige Kombination von Molekülen vorliegt, erlaubt die Pflanze der Mikrobe sogar in ihr Gewebe hineinzuwachsen. Mehr noch, viele Pflanzen haben die Fähigkeit entwickelt diese Besiedlung zu fördern und den mikrobiellen Partner aktiv zu versorgen. Wie erfolgreich sich die beidseitig vorteilhafte Beziehung entwickelt, kann sich von Pflanze zu Pflanze unterscheiden. Die Vielfalt von Pflanzen und ihrer Fähigkeit, nützliche und pathogene Mikroben zu erkennen - also zwischen Freund und Feind zu unterscheiden- steht im Mittelpunkt des Forschungsprojekts.

Einblicke bis zum einzelnen Atom
Die genetischen Unterschiede zwischen solchen Pflanzen, die eine Mikrobe verlässlich erkennen, und anderen, die das nicht können, sind oft sehr klein. Manchmal sind es nur wenige Veränderungen in der Aminosäuresequenz eines bestimmten Rezeptors, die dann entscheiden, ob eine Pflanzensorte dem Erreger widerstehen kann. Rezeptoren bestimmen auch, ob eine Pflanze eine vorteilhafte Beziehung zu einem Symbionten eingehen kann oder nicht.
Um zu verstehen, wie sich solche kleinsten Unterschiede an Rezeptoren auf die Fähigkeit Mikroben aufzuspüren auswirken, verwendet die Forschungsgruppe eine innovative Technik aus dem Bereich der Strukturbiologie: die kryogene Elektronenmikroskopie (Kryo-EM). Kryo-EM ermöglicht es die Struktur von Proteinen so hoch aufgelöst zu betrachten, dass einzelne Atome sichtbar werden. Mit Hilfe des leistungsstarken Mikroskops werden Tausende von detaillierten Bildern der Proteinpartikel in allen Orientierungen aufgenommen. Aus dieser gewaltigen Menge an Bildmaterial wird dann ein 3D-Modell des Proteinmoleküls erstellt. Die Proteinstruktur verrät, welche Atome im Rezeptor entscheidend für die Funktion sind. Dieses Wissen ermöglicht es, neue Züchtungstechniken und Geneditierungsmethoden sehr gezielt auf die wenigen Aminosäuren zu konzentrieren, die für die Funktion des Rezeptors entscheidend sind. So kann es manchmal gelingen die Zahl der möglichen Ansatzstellen zur Verbesserung von Hunderten auf eine Handvoll reduzieren – die Reduktion ist dann entscheidend in der zielgerichteten Pflanzenzucht. Die Forschung macht einen entscheidenden Schritt dahin Nutzpflanzen so zu züchten, dass sie ideal auf Mikroben reagieren - seien es gefährliche Krankheitserreger oder nützliche Symbionten.

Dr. Alexander Förderer
Alexander Förderer ist Forschungsgruppenleiter am Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie im Potsdam Science Park. Er leitet die Arbeitsgruppe " Rezeptorstrukturen an der Schnittstelle zwischen Pflanzen und Mikroben" und ist spezialisiert auf die Wechselwirkungen zwischen Pflanzen und Mikroorganismen.
Mit den Bioökonomie-Forschungsgruppen fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) Forschungsprojekte von Spitzenforschern in einem frühen Karrierestadium, die mutig in ein innovatives Forschungsfeld vorstoßen wollen, welches das Potenzial hat, die zukünftige Bioökonomie nachhaltiger zu gestalten. Das Vergabeverfahren ist sehr wettbewerbsorientiert und die Erfolgsquote liegt bei unter 10 %. Neben "DETECTOME" wurden 2024 in Deutschland nur 2 weitere Forschungsprojekte gefördert.