Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie mit neu etablierten Forschungsabteilungen
Das Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie (MPI-MP) freut sich, bekannt geben zu können, dass seit Februar 2023 das Leitungsteam am MPI-MP wieder vollständig ist. Mit den Berufungen von Prof. Dr. Claudia Köhler und Prof. Dr. Caroline Gutjahr ist es dem Institut gelungen zwei hervorragende Wissenschaftlerinnen zu verpflichten, die gemeinsam mit Prof. Dr. Ralph Bock exzellente Pflanzenforschung betreiben werden.
Forschung zu spannender Lebensgemeinschaft am MPI-MP neu etabliert
Die frisch ans Institut berufene Direktorin Prof. Dr. Caroline Gutjahr widmet sich in ihrer neu etablierten Abteilung „Wurzelbiologie und Symbiose“ dem höchstspannenden Thema einer als Mykorrhiza bezeichneten Lebensgemeinschaft zwischen bestimmten Bodenpilzen und Pflanzenwurzeln, die für beide Seiten von Vorteil ist.
Pilze sind im Unterschied zu Pflanzen nicht in der Lage Fotosynthese zu betreiben. Sie müssen sich deshalb auf andere Weise mit organischen Stoffen versorgen. Die Mykorrhiza Pilze durchziehen mit einem riesigen Hyphengeflecht den Boden. Bei den Hyphen handelt es sich um fadenförmige Zellen des Pilzes. Vorstellen kann man sich dieses Pilzgeflecht wie ein weitverzweigtes Spinnennetz im Boden. Die Hyphen dienen dem Pilz zur Nährstoff- und Wasseraufnahme.
Die Mykorrhiza Pilze gehen mit Pflanzen eine Symbiose ein, indem die Hyphen in die Pflanzenwurzeln eindringen. An den verzweigten Pilzhyphen innerhalb der Pflanzenwurzel findet der Nährstoffaustausch statt. Diese bäumchenförmigen Strukturen geben der Symbiose auch ihren Namen: abgeleitet von lateinisch Arbuscula für Bäumchen nennt man sie arbuskuläre Mykorrhiza. In dieser Lebensgemeinschaft liefern die arbuskulären Mykorrhiza Pilze den Pflanzen wichtige Nährstoffe wie Phosphat und Ammonium und machen Wasser für die Pflanze leichter verfügbar. Im Gegenzug erhalten die Pilze von den Pflanzen Kohlenhydrate und Fettsäuren.
Lange Zeit dachte man, dass die Pilze nur Kohlenhydrate von der Pflanze bekommen. In Wahrheit besteht der größte Anteil, der von den Pflanzen gelieferten Stoffe allerdings aus Fettsäuren. Frau Gutjahr konnte bereits im Jahr 2017 gemeinsam mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und in Zusammenarbeit mit weiteren Arbeitsgruppen diese gängige Lehrmeinung widerlegen, weshalb die Lehrbücher eigentlich dementsprechend umgeschrieben werden müssten.
Frau Gutjahr ist seit ihrer Berufung im April 2022 zwischen ihren Verpflichtungen an ihrer bisherigen Wirkungsstätte an der Technischen Universität in München und dem MPI-MP gependelt. Sie hat bereits begonnen ihre Abteilung aufzubauen und freut sich nun sehr darauf, an ihrem neuen Standort zu forschen. Zu ihrem Forschungsbereich erläutert Frau Gutjahr: „Ich beschäftige mich mit den molekularen Mechanismen, die für das Zustandekommen und Funktionieren dieser für Pflanzen und Pilze gleichermaßen vorteilhaften Zusammenarbeit notwendig sind und auch wie und durch welche Faktoren die Etablierung der Pilz-Pflanze Symbiose beeinflusst wird.“ Besonders spannend findet Frau Gutjahr ihren Fokus nicht nur im Bereich der Grundlagenforschung setzen zu können, sondern dass auch möglicherweise Mykorrhiza optimierte Nutzpflanzen gezüchtet werden können, mit denen sie einen Beitrag zu einer nachhaltigeren Landwirtschaft leisten könnte.
Vererbung ist mehr als die Summe aller Gene
Bei der zweiten Abteilung mit Namen „Reproduktionsbiologie und Epigenetik“, die auch erst im Jahr 2021 mit der Berufung von Prof. Dr. Claudia Köhler etabliert wurde, liegt der Forschungsfokus auf den Änderungen von Genaktivitäten, die nicht auf einer Veränderung der DNA-Sequenzen beruhen, sondern durch andere Mechanismen ausgelöst werden. Grundlage dafür sind oftmals chemische Veränderungen an den Grundbausteinen der Erbsubstanz oder von Proteinen, die an die DNA binden. Viele zelluläre Regulations- und Differenzierungsprozesse werden durch solch epigenetische Mechanismen gesteuert. Frau Köhler beschäftigt sich in ihrer Abteilung mit epigenetischen Prozessen, die die Samenbildung bei Blütenpflanzen regulieren. Obwohl die Samen und das darin enthaltende Nährgewebe, das Endosperm, einen wichtigen Teil unserer Ernährung darstellen, ist bisher relativ wenig über die molekularen und (epi)genetischen Mechanismen der Samenbildung und damit über die Ertragsgrundlagen bekannt. Frau Prof. Köhler ist es gelungen eine ganze Reihe von Methoden und Materialien zu entwickeln und zu etablieren, die es ermöglichen werden, seit langem existierende Fragen der Samenbiologie zu beantworten. Ihre Forschung ist von fundamentalem Interesse und kann potentiell wichtige Erkenntnisse über die pflanzliche Ertragsbildung liefern.
Erforschung von Erbinformation außerhalb des Zellkerns
Der dritte im Bunde ist Prof. Dr. Ralph Bock, der im Jahr 2004 ans Institut berufen wurde und die Abteilung „Organellenbiologie, Biotechnologie und molekulare Ökophysiologie“ leitet. Seine Abteilung beschäftigt sich mit den DNA-haltigen Organellen wie den Chloroplasten, in denen die Fotosynthese abläuft und den Mitochondrien, die die Kraftwerke der Zelle darstellen. Prof. Bock untersucht wie die Erbinformation dieser Zellbestandteile strukturiert ist und wie sie in Proteine und Merkmale umgesetzt wird. Ein weiteres Augenmerk ist darauf gerichtet, wie diese genetische Information verändert werden kann sowohl für die Grundlagenforschung, als auch für angewandte biotechnologische Fragestellungen. In der molekularen Ökophysiologie geht es um die unglaubliche Anpassungsfähigkeit von Pflanzen, und darum, wie und warum welche Pflanzen und Pflanzenarten an welchem Standort unter welchen Wachstums- und Klimabedingungen am besten klarkommen.
Zu den neuen Forschungskonstellationen am Institut sagt Ralph Bock als geschäftsführender Direktor des Instituts: „Es ist spannend mit neuen Forschungsschwerpunkten an den Start zu gehen, und ich freue mich darauf, mit meinen Kolleginnen und ihren neu etablierten Abteilungen neue Erkenntnisse zu schaffen. Meine emeritierten Kollegen Lothar Willmitzer und Mark Stitt sind dem Institut weiterhin eng verbunden“.
Emeritiert
Der Gründungsdirektor des Instituts Prof. Dr. Dr. h.c. Lothar Willmitzer leitete von 1994 bis 2022 die Abteilung Molekulare Physiologie. Hauptthema der Abteilung war die Analyse von Primärstoffwechselvorgängen und deren mathematische Beschreibung. Dies umfasste sowohl die Nährstoffaufnahme und -weiterleitung als auch den Aufbau pflanzlicher Makromoleküle. Prof. em. Willmitzer hat zahlreiche Firmen ausgegründet, wofür er im Jahre 2015 den Stifterverbandspreis erhielt.
Prof. Dr. Dr. h.c. Mark Stitt leitete von 2001 bis 2021 die Abteilung „Metabolische Netzwerke“. Seine Abteilung untersuchte eine breite Palette physiologischer Prozesse, die an der Orchestrierung von Photosynthese, Kohlenstoff-Stoffwechsel, Stickstoff- und Phosphatverwertung, Speicherung und Wachstum beteiligt sind. Die Abteilung verwendete physiologische, biochemische, molekulare, genetische und systemische Ansätze. Mark Stitt leitet noch eine Emeritusgruppe zum Thema „Systemregulation“. Beide Direktoren wurden im Sommer 2022 mit einem wissenschaftlichen Symposium verabschiedet.
Mehr Informationen zur Forschung am Institut enthält die Podcastreihe „Faszination Pflanzen – grün und vielfältig“, zu finden unter https://www.mpimp-golm.mpg.de/2737296/faszination-pflanze-podcast oder auch bei allen bekannten Streamingdiensten.
URS, TL