Internationale Reisforscher sagen dem Welthunger den Kampf an

Maispflanzen sollen helfen den Reisertrag zu steigern

3. Dezember 2015
Die wachsende Weltbevölkerung, gepaart mit einer Abnahme der landwirtschaftlich nutzbaren Flächen, wird zukünftig höhere Erträge notwendig machen, um den Nahrungsmittelbedarf zu decken. Verschärfend kommt der Klimawandel hinzu, der an die neuen Bedingungen angepasste Pflanzen erfordert. Einen Schritt in die richtige  Richtung stellt das bereits seit einigen Jahren laufende international aufgestellte C4-Reisprojekt dar, das nun in die dritte Forschungsphase startet. Unter der Leitung von Wissenschatlern der Oxford Universität arbeiten Forscher aus 12 Einrichtungen in acht Ländern, darunter auch Prof. Mark Stitt und seine Arbeitsgruppe am Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie (MPI-MP) in Potsdam, an dem Ziel Reiserträge mit Hilfe neuer Methoden zu steigern. 

Reis ist das Hauptnahrungsmittel  für mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung und ist somit eine der wichtigsten Nutzpflanzen der Erde. Reis nutzt den sogenannten C3-Weg der Photosynthese. Bei gemäßigten Temperatur- und Lichtverhältnissen ist dies die effektivste  Art der CO2-Fixierung. In heißer und trockener Umgebung - ein Szenario, dass im Zuge des Klimawandels viele Regionen immer häufiger betreffen wird – ist sie jedoch leider nicht effektiv genug. Andere Pflanzen, wie Mais und Hirse zum Beispiel, nutzen den C4-Weg. Dieser arbeitet deutlich besser unter solch nachteiligen Bedingungen. Die Wissenschaftler des C4-Reisprojekts, unter der Leitung von Prof. Jane Langdale von der Oxford Universität, glauben, dass ein Wechsel in Reis von C3 zu C4 eine Ertragssteigerung um bis zu 50% bewirken könnte.

Ein Wechsel der Photosynthesestrategie würde zum einen die Effizienz der Photosynthese selbst steigern, was einen höheren Energiegewinn für die Pflanzen bedeutet, der direkt für Wachstum oder Fortpflanzung und somit für die Samenproduktion genutzt werden kann. Darüber hinaus ist im C4‑Weg die Effizienz der Stickstoffnutzung gesteigert, die Effizienz der Wassernutzung verdoppelt und die Toleranz gegenüber hohen Temperaturen erhöht. Die Reispflanze wäre somit deutlich besser aufgestellt, als bisher.

Die Projektleiterin Prof. Jane Langdale verdeutlicht: „Land das aktuell genug Reis für 27 Menschen zur Verfügung stellt, muss in 2050 etwa 43 Menschen ernähren. Das bedeutet, dass innerhalb von 35 Jahren eine Ertragssteigerung von 50% benötigt wird. Dieses Ziel scheint durch traditionelle Züchtung nicht erreichbar, da hier bereits ein oberes Ertragslimit erreicht ist.“

Hinzu kommt, dass der Reisertrag auf natürliche Weise limitiert ist. Schuld daran ist die Ineffizienz der C3-Photosynthese. Diese allerdings wurde im Laufe der Evolution durch die Entwicklung der C4-Photosynthese überwunden. Bemerkenswerterweise hat dieser Prozess sogar mehrmals und unabhängig von einander in verschiedenen Pflanzen stattgefunden. Das ist auch der Grund, warum die Forscher glauben, dass ein Wechsel von C3 zu C4 Reis durchaus möglich erscheint.
Im Zuge der ersten beiden Phasen des C4-Reisprojekts haben die Forscher biochemische und morphologische Strukturen des C4-Stoffwechsels identifiziert und die verantwortlichen Enzyme, die in diesem Prozess arbeiten, analysiert und auf ihre Funktionalität in Reis hin überprüft.

In der nun beginnenden dritten Phase des Projekts sollen die bereits vorhandenen genetischen Werkzeuge weiterentwickelt werden. Außerdem wollen die Forscher ein besseres Verständnis über die regulatorischen Mechanismen der Etablierung des C4-Weges erlangen. Final soll dann der C4-Weg in die Reispflanze eingebaut werden.

Dies bedeutet für die Forscher am MPI-MP im Speziellen, dass sie mit Reispflanzen arbeiten, die bereits mehrere Enzyme des C4-Weges besitzen.  Prof. Mark Stitt und sein Team untersuchen die Inhaltsstoffe der Pflanzen und vergleichen diese Daten mit herkömmlichen Reispflanzen. Dies soll Aufschluss darüber geben, ob die Integration der C4-Photosynthese funktioniert hat und in der Pflanze genutzt wird. „Die Pflanzen mit den neuen Enzymen nutzen andere Inhaltsstoffe im Photosyntheseprozess, die nun in veränderter Konzentration vorliegen sollten, als in den Vergleichspflanzen“, erklärt Dr. John Lunn, Senior-Wissenschaftler am MPI-MP.

Darüber hinaus untersuchen die Wissenschaftler, wie viel CO2 die Pflanzen aufnehmen und wofür sie dieses verwenden. „So können wir testen, ob die neuen Enzyme arbeiten und der C4-Weg funktionstüchtig ist und in welchem Maße der ursprüngliche C3-Weg tatsächlich ersetzt wird“, beschreibt Dr. John Lunn.

Das C4-Reisprojekt wurde auf Grundlage von Diskussionsrunden am Internationalen Reisforschungsinstitut (IRRI) im Jahre 2008 initiiert und wird durch die Bill & Melinda Gates Stiftung finanziert. In der dritten Phase des Projekts arbeiten Wissenschaftler aus 12 Einrichtungen zusammen: Oxford Universität, IRRI, Cambridge Universität, Australian National Universität, Donald Danforth Plant Science Center, Washington State Universität, Universität von Minnesota, Universität von Toronto, Heinrich Heine Universität, Max-Planck-Institutes für Molekulare Pflanzenphysiologie Academica Sinica, und Chinesischen Akademie der Wissenschaften (Max-Planck-Partnerinstitut für Computational Biology). In Summe wird die Phase III mit über 6.4 Mio. Euro von der Bill & Melinda Gates Stiftung gefördert.

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