Stoffwechsel der Maispflanze gehorcht Parasitenproteinen

Pilze können den pflanzlichen Stoffwechsel umlenken und so Abwehrreaktionen ausschalten

5. Oktober 2011
Wenn Pflanzen von Parasiten befallen werden, beginnt eine Art Wettrüsten. Die Pflanze versucht schnellstmöglich, Abwehrmoleküle herzustellen, die den Eindringling abtöten oder zumindest in Schach halten. Gleichzeitig versuchen die parasitären Organismen, diese Verteidigungsmechanismen auszuschalten. Ein wichtiger parasitärer Pilz ist Ustilago maydis, der Verursacher des Maisbeulenbrands, der bei der Maispflanze gallenartige Wucherungen hervorrufen kann. Etwa 150 Proteine werden vom Pilz an seine Umgebung abgegeben und sind verantwortlich für die Ernährung des Parasiten, die Zellwandmodifikation und die Penetration des Wirtsgewebes. Eines dieser Proteine – die Chorismat-Mutase – schafft es, den Stoffwechsel der Pflanzenzellen so umzuleiten, dass die Pflanze weniger Salizylsäuren herstellen kann, die für die Produktion von pflanzlichen Abwehrmolekülen essenziell ist.

Ustilago maydis ist ein ungewöhnlicher Parasit. Außerhalb der Pflanze, zum Beispiel in Petrischalen im Labor, verhält er sich wie ein normaler Hefepilz. Er wächst und schnürt hin und wieder Tochterzellen, also Klone seiner selbst, ab. Erst auf der Pflanze kommt es dazu, dass zwei Individuen von U. maydis miteinander verschmelzen und in die Pflanze eindringen können. Dort wächst der Pilz zunächst zwischen den einzelnen Zellen entlang, bevor er mit seinem Myzel in die Zellen eindringt. Schon lange tüfteln Forscher an der Antwort auf die Frage, wie genau der Pilz U. maydis es schafft, die pflanzlichen Abwehrmechanismen zu unterdrücken. Insgesamt kommen 386 Gene, die meisten davon mit bisher unbekannter Funktion, als mögliche Faktoren in Frage. Einem Team aus Forschern von acht verschiedenen Einrichtungen, darunter vier Max-Planck-Instituten, ist es jetzt gelungen, das Enzym Chorismat-Mutase als wichtigen Virulenzfaktor zu identifizieren.

Die Chorismat-Mutase ist Teil eines Stoffwechselweges, über den die Pflanze in ihren Plastiden aus dem Ausgangsstoff Chorismat das Phytohormon Salizylsäure (SA) herstellt. SA spielt eine wichtige Rolle bei Wachstum, Entwicklung, Nährstoffaufnahme- und Transportprozessen in der Pflanze. Außerdem ist sie Bestandteil einer Signalkette, an deren Ende die Produktion von schädlingsabwehrenden Proteinen steht. Das Chorismat kann jedoch in einer ganz anderen Reaktionsfolge auch in die Aminosäure Tryptophan umgewandelt werden, wobei keine Salizylsäure gebildet wird.

Der Pilz U. maydis sekretiert seine eigene Chorismat-Mutase Cmu1, die über einen bisher unbekannten Mechanismus in die Maiszellen eindringt. Aufgrund der nun erhöhten Konzentration des Enzyms im Zellplasma transportiert die Pflanze Chorismat aus den Plastiden heraus. Da aber die Salizylsäuresynthese ausschließlich in den Plastiden stattfindet und dort jetzt das Chorismat als Ausgangsstoff fehlt, kommt die Synthese zum Erliegen und die Abwehrmechanismen der Pflanze brechen zusammen.

Die vom Pilz abgesonderte Chorismat-Mutase ist vermutlich nicht der alleinige Verursacher aller beobachteten morphologischen Veränderungen an der Pflanze, sondern vielmehr Teil eines ganzen Cocktails von Effektorproteinen. Da jedoch bei vielen biotrophen Pflanzenpathogenen und Symbionten Gene für sekretierte Chorismat-Mutasen gefunden worden sind, scheint dies eine weit verbreitete Strategie zur Manipulation des Wirtsgenoms zu sein.

Zur Redakteursansicht