Der Evolution auf die Finger geschaut

Die vergleichende Analyse der Photosynthese von Mais und Reis liefert wichtige Grundlagen für die Verbesserung von Nutzpflanzen.

14. Oktober 2014
Bei der Photosynthese fixieren Pflanzen Kohlendioxid (CO2). Das bedeutet, sie nehmen dieses Gas aus der Luft auf und wandeln es in Zucker um. Diese Umwandlung wird durch Lichtenergie angetrieben. Die Photosynthese ist essentiell für das Wachstum von Pflanzen und den Aufbau der von ihnen benötigten energiereichen Verbindungen wie beispielsweise Stärke, Fette oder Proteine. Aber nicht nur das, die Photosynthese bildet die Grundlage tierischen und menschlichen Lebens auf der Erde, da sich sowohl Tiere als auch Menschen von Pflanzen ernähren. Durch evolutionäre Anpassungsprozesse haben sich verschiedene Formen der Photosynthese entwickelt, die in Abhängigkeit von den vorherrschenden Umweltbedingungen unterschiedlich effektiv arbeiten. So folgt die CO2-Fixierung in Mais zum Beispiel einem anderen Weg als die in Reis. Eine aktuelle Studie, an der Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Molekulare Pflanzenphysiologie beteiligt waren, geht diesen Unterschieden auf den Grund. Die Ergebnisse bilden eine wichtige Basis für die zukünftige Forschung und vor allem auch für die Optimierung von Nutzpflanzen hinsichtlich ihres Ertrags und ihrer Anpassung an steigende Temperaturen.

Photosynthese – Energiegewinnung in zwei Varianten

Die Photosynthese beider Pflanzen – Reis und Mais – unterscheidet sich in den Verbindungen, die bei der Fixierung von Kohlendioxid (CO2) als erstes gebildet werden. Bei Reis ist das ein Molekül mit drei Kohlenstoffatomen (C), das sogenannte 3-Phosphoglycerat. Entsprechend der Anzahl der Kohlenstoffatome spricht man von C3-Photosynthese und von C3-Pflanzen. Bei den meisten Pflanzen handelt es sich um C3-Pflanzen, neben Reis gehört auch Weizen dazu und damit zwei der weltweit wichtigsten Nutzpflanzen.

Die C3-Photosynthese ist die älteste und bei gemäßigten Temperatur- und Lichtverhältnissen auch die effektivere Art der CO2-Fixierung. Bei steigenden Temperaturen und Trockenheit, wird die C3-Photosynthese jedoch ineffektiv. Um eine erhöhte Wasserverdunstung zu verhindern, schließen Pflanzen dann nämlich ihre Spaltöffnungen, wodurch aber auch die CO2-Aufnahme unterbunden wird und die Photosynthese-Leistung sinkt. Vor 25 - 32 Millionen Jahren hat sich, aufgrund des sinkenden CO2-Gehalts in der Atmosphäre, eine weitere Form der Photosynthese entwickelt. Unter diesem Selektionsdruck ist die C4-Photosynthese entstanden. Statt des 3-Phosphoglycerats wird hier bei der CO2-Fixierung eine Verbindung mit vier Kohlenstoffatomen namens Oxalacetat gebildet. Zu den C4-Pflanzen zählen viele Pflanzenarten der Tropen und Subtropen, die sich durch eine hohe Biomasseproduktion auszeichnen, dazu gehören unter anderem Mais, Zuckerrohr und Hirse.

Der Grund für die größere Effektivität der C4-Pflanzen bei höheren Temperaturen beruht darauf, dass sie im Unterschied zu den C3-Pflanzen auch bei geschlossenen Spaltöffnungen weiterhin Photosynthese betreiben können. Ermöglicht wird ist dies dadurch, dass der Photosynthese-Prozess, anders als bei C3-Pflanzen, in zwei voneinander getrennten Zelltypen abläuft und selbst geringste Mengen CO2 für die Photosynthese genutzt werden können.

Photosyntheseforschung - Beitrag zur Ernährungssicherung

Die wachsende Weltbevölkerung sowie der Rückgang landwirtschaftlich nutzbarer Flächen gepaart mit den prognostizierten Folgen des Klimawandels erfordern neue Konzepte zur Ertragssicherung. „Ein Ansatz könnte darin bestehen C3-Pflanzen die Möglichkeit zur C4-Photosynthese zu verleihen“, sagt Prof. Dr. Mark Stitt vom MPI-MP, „Dies erfordert jedoch sehr genaue Kenntnisse zur Entstehung dieser Photosyntheseform.“ Aus diesem Grund hat ein internationales Forscherteam, unter Beteiligung von Wissenschaftlern aus den USA, Kanada und China, sowie dem MPI-MP in Golm, detaillierte Analysen an Blättern von Reis und Mais durchgeführt. Geleitet wurden diese Studien von Thomas P. Brutnell am Donald Danforth Plant Science Center in St. Louis (USA). Die Wissenschaftler des MPI-MP haben verschiedene Inhaltsstoffe in den Blättern beider Pflanzen analysiert. „Wir haben die Blätter in mehrere Zonen unterteilt, um Informationen über ihre verschiedenen Entwicklungsstadien zu gewinnen, von altem Gewebe an der Blattbasis bis zu ganz jungem an der Spitze der Blätter“, erklärt Dr. Alisdair Fernie vom MPI-MP die Vorgehensweise. Die Wissenschaftler um Thomas Brutnell am Donald Danforth Plant Science Center entwickelten eine statistische Methode, mit der sich die gewonnenen Messdaten aus Mais und Reis miteinander vergleichen ließen. „Gemeinsam konnten wir verschiedene Faktoren in den Blättern identifizieren, die wahrscheinlich an der Steuerung der Photosynthese beteiligt sind“, sagt Dr. Fernie, „Diese Faktoren scheinen ausschlaggebend dafür zu sein, ob die Pflanze C3- oder C4-Photosynthese betreibt. Außerdem konnten wir Unterschiede im Kohlenstoff- und Stickstoffstoffwechsel von C3- und C4-Pflanzen feststellen.“

Um diese vergleichenden Daten auch anderen Wissenschaftlern zur Verfügung zu stellen, veröffentlich das internationale Forscherteam umfangreiche Datentabellen im Internet. „Unsere Daten können so als Quelle für weitere Forschungsarbeiten zur Photosynthese genutzt werden“, fasst Prof. Dr. Stitt zusammen, „Diese Forschung bildet die Grundlage zur Verbesserung der Kohlendioxidfixierung in unseren Nutzpflanzen und hilft, auch in Zukunft die landwirtschaftlichen Erträge zu sichern.“

KD

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