Netzwerke der Stresskontrolle

Die Arbeitsgruppe von Dr. Salma Balazadeh führt verschiedenste Experimente durch, um die Anpassung von Pflanzen an wechselnde Umwelteinflüsse zu untersuchen. Dabei werden regulatorische Netzwerke inklusive ihrer Schlüsselregulatoren (Transkriptionsfaktoren) in der Modelpflanze Ackerschmalwand zuerst identifiziert und anschließend charakterisiert. Dieses Wissen soll dann möglichst auf wichtige Kultur- und Nutzpflanzen, wie zum Beispiel die Tomate, übertragen werden. 

Des Weiteren forscht die Arbeitsgruppe an speziellen molekularen Mechanismen, welche es Pflanzen ermöglichen, eine Art „Gedächtnis“ für bestimmte Stresskonditionen zu entwickeln. Diese Mechanismen führen dazu, dass Pflanzen eine höhere Toleranz für normalerweise tödliche Stressbedingungen erreichen. Hierbei liegt der Fokus auf einem Erinnerungssystem für starke Temperaturveränderungen (Hitzestress-Gedächtnis) und einem Autophagie genanntem Prozess, bei dem beschädigte Proteine und andere Zellbestandteile zur Weiternutzung recycelt werden.

Die Forschung in unserer Gruppe verfolgt die folgenden beiden Hauptziele:

1. Untersuchung der Funktion von Schlüsselregulatoren in Pflanzen für die Reaktion auf wechselnde Umweltbedingungen

Die Antwort auf Umwelteinflüsse ist in Pflanzen ein hochspezifischer Prozess, der eine koordinierte Regulation der Genexpressionen nötig macht. Probleme bei dieser Regulation führen zu massiven Beeinträchtigungen in der Entwicklung einer Pflanze. Die Genexpression wird durch Schlüsselregulatoren, den sogenannten Transkriptionsfaktoren (TF), gesteuert. Für fast alle biologischen Prozesse ist das Zusammenwirken dieser spezifischen Faktoren mit ihren Zielgenen in genregulatorischen Netzwerken (GRN) notwendig.
In unserer Gruppe wurde unter anderem der Transkriptionsfaktor JUNGBRUNNEN1 (JUB1), welcher zur sogenannten NAC-Familie in Arabidopsis thaliana gehört, ausgiebig untersucht. Dabei haben wir unter anderem herausgefunden, dass JUB1 sowohl eine zentrale Rolle für eine lange Lebensdauer der Pflanze spielt, als auch entscheidend für die Wechselbeziehung zwischen Wachstum und Stressantwort ist (Wu et al., 2012; Shahnejat-Bushehri et al., 2016). Dabei konnten wir zeigen, dass JUB1 die Kernkomponente eines komplexen regulatorischen Moduls ist, das eine Anreicherung von DELLA Proteinen auslöst. Bei Aktivierung von DELLA Proteinen wird das Streckungswachstum von Zellen unterbunden und im Gegenzug die Stresstoleranz der betroffenen Pflanzen erhöht. Weitere Untersuchungen sollen nun das zelluläre Netzwerk von JUB1 im Detail identifizieren.

2. Welche Rolle spielt die Autophagie beim Hitzestress-Gedächtnis?

Wir untersuchen die molekularen Mechanismen des sogenannten Hitzestress-Gedächtnisses (Temperaturgedächtnis) in Arabidopsis und haben vor kurzem eine Kontrolleinheit für das Temperaturgedächtnis entdeckt. Dieses besteht aus dem Hitzeschockprotein HSP21 und der Metalloprotease FtsH6, wobei die Menge des Hitzeschockproteins durch FtsH6 reguliert wird. Ein Mangel von FtsH6 lässt HSP21 länger stabil bleiben, was notwendig ist für ein länger anhaltendes Temperaturgedächtnis (Sedaghatmehr et al., 2016). Unsere Arbeitsgruppe versucht nun, weitere molekulare Komponenten des Hitzestress-Gedächtnisses zu finden und zu beschreiben.
Autophaghie ist ein evolutiv konservierter und dennoch durchaus dynamischer Prozess, welcher notwendig ist für die Beseitigung von beschädigten und gealterten Zellbestandteilen, wie Proteinen und Organellen. In Pflanzen spielt die Autophagie eine Rolle in vielen Entwicklungsprozessen, wie z. Bsp. der Blattseneszenz, der Blütenbildung oder der Pollenkeimung. Ebenso ist dieser Prozess wichtig, wenn unterschiedliche Stressfaktoren auf die Pflanze einwirken. Unser Ziel ist es, die Rolle der Autophagie für das Hitzestress-Gedächtnis zu entschlüsseln, wobei auch Proteine und Schlüsselregulatoren, die die Aktivität von AUTOPHAGY (ATG) Genen steuern, identifiziert werden sollen.

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