Lipid Rafts – Spezielle Bereiche der Plasmamembran

Forschungsbericht (importiert) 2009 - Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie

Autoren
Schulze, Waltraud; Kierszniowska, Sylwia
Abteilungen
Signaltransduktion und Proteomik (Emmy-Nöther-Gruppe) (Dr. Waltraud Schulze)
MPI für molekulare Pflanzenphysiologie, Potsdam
Zusammenfassung
Lipid Rafts sind Bereiche der pflanzlichen Plasmamembran, die sich durch eine veränderte Lipid- und Protein-Zusammensetzung von der restlichen Membran unterscheiden. Sie spielen eine besondere Rolle bei der Signalweitergabe sowie bei regulatorischen Prozessen. Mithilfe quantitativer Proteinmassenspektrometrie konnten erstmalig konstante und variable Proteinbestandteile dieser Membranmikrodomänen bestimmt werden und darüber hinaus Veränderungen in ihrer Zusammensetzung in Abhängigkeit der Nährstoffversorgung untersucht werden.

Aufgabe und Aufbau von Plasmamembranen

Alle lebenden Zellen verfügen über eine Membran, die die Zelle umgibt. Die Aufgabe der Membran ist es, die Zellbestandteile zusammenzuhalten und eine Sperre nach außen zu bilden, sodass Substanzen oder Krankheitserreger (Pathogene) nicht ungehindert in die Zelle eindringen. Andererseits müssen die für die Zelle wichtigen Substanzen in die Zelle gelangen beziehungsweise andere Stoffe aus der Zelle nach außen transportiert werden können. Der Durchgang vieler Moleküle wie Aminosäuren oder Zucker wird sorgfältig reguliert. Membranen sind für den Energiehaushalt der Zelle unentbehrlich und darüber hinaus zuständig für die Signalweiterleitung. In Pflanzen ist zudem über die Plasmamembran auch die Verbindung zur Zellwand gewährleistet.

Entsprechend der vielfältigen Funktionen, die der Plasmamembran zukommen, besitzt sie einen speziellen Aufbau. Sie besteht aus einer Doppelschicht von Phospholipiden, deren hydrophobe Gruppen einander zugewandt sind. Außerdem weist sie als weitere Fettsäuren auch Sterole und Sphingolipide auf sowie einen hohen Proteinanteil. Der hydrophobe Zentralbereich der Membran bildet eine Barriere für hydrophile und geladene Moleküle. Der Austausch von Substanzen erfolgt über die Membranproteine, sogenannte Ionenpumpen, Ionenkanäle und Transporter. Elektrische, chemische oder mechanische Signale steuern das Öffnen und Schließen der Kanäle (Abb. 1).

Das Konzept der Lipid Rafts

In tierischen Zellen und in Hefe konnte bereits seit längerem gezeigt werden, dass die Sterol-Lipide sich nicht gleichmäßig in der Lipiddoppelschicht verteilen, sondern sich physikalisch von den Phospholipid-Bereichen entmischen. Auch die Proteinzusammensetzung in ihrem unmittelbaren Umfeld unterscheidet sich von der Proteinzusammensetzung der übrigen Membran. [1]. Es entstehen Sterol-reiche „Inseln", sogenannte Lipid-Rafts [2]. Diese „Inseln“ oder Membrandomänen dienen als Organisationszentren zellulärer Prozesse, der Signalweiterleitung und der Bildung von Signalmolekülen.

Aufgrund ihrer Resistenz gegen bestimmte nicht-ionische Detergenzien (z.B. Triton-X-100) lassen sich diese Domänen biochemisch aufreinigen. Die Sterol-reichen Membrandomänen, die auch als „Detergenzien-resistente Membranen“ (DRM) bezeichnet werden, haben niedrigere Dichte als die Phospholipid-haltigen Membranbereiche und sind in einem Saccharosegradienten als charakteristische Fraktion abzunehmen (Abb. 2).

Seit man biochemisch eine Sterol-reiche und Detergenz-resistente Membranfraktion isolieren konnte, blieb die entscheidende Frage, inwieweit die biochemisch aufgereinigten Detergenz-resistenten Membranbereiche wirklich das widerspiegeln, was in der Zelle an Mikrodomänen beobachtet wurde [3].

Insbesondere in pflanzlichen Zellen, die durch eine Zellwand in einen engen Zellverbund eingeschlossen sind und damit vielen zellbiologischen und biochemischen Beobachtungsmethoden schwerer zugänglich sind, galt das Konzept der Lipid Rafts lange als umstritten [4]. Die Proteinmassenspektrometrie erlaubte zwar eine Bestimmung der Proteine in den biochemisch aufgereinigten Detergenz-resistenten Membrandomänen, es blieb jedoch unklar, inwieweit kontaminierende Proteine in dieser Fraktion enthalten waren und inwieweit die bestimmte Proteinkomposition auch die Lipid-Rafts in der Zelle wiedergab.

Unter Verwendung eines spezifischen Sterol-entfernenden Stoffes (Methyl-ß-Cyclodextrin) [5; 6] und mithilfe präziser proteinmassenspektrometrischer Quantifizierung [7] konnte nun erstmalig zwischen wirklich Sterol-abhängigen Membranproteinen, Sterol-unabhängigen Membranproteinen und biochemischen Kontaminanten unterschieden werden (Abb. 3).

Variable und konstante Proteine in Lipid Rafts

Durch Verwendung der Sterol-entfernenden Substanz Methyl-ß-Cyclodextrin konnten mit hoher Reproduzierbarkeit Proteine mit Funktionen in Zellwandbiosynthese und Vesikeltransport sowie Lipid-modifizierende Proteine als Sterol-abhängig und somit als besonders deutlich den Lipid Rafts zugehörig quantifiziert werden. Proteine aus den genannten funktionellen Kategorien wurden in vier unabhängigen Experimenten bestätigt und daher als „konstante“ Bestandteile der Lipid Rafts bezeichnet. Im Gegensatz dazu wurden einige Proteine je nach Bedingung einmal quantitativ als Sterol-abhängig definiert, unter anderen Bedingungen jedoch nicht. Diese Variabilität war charakteristisch für Proteine mit Signaltransduktionsfunktion, also Rezeptorkinasen, Calcium-Signaling-Proteine und G-Proteine, und wurde nicht für andere Proteinklassen beobachtet.

Aus den Experimenten kann geschlossen werden, dass die pflanzliche Plasmamembran, wie tierische Zellen und Hefen, ebenfalls charakteristische Sterol-reiche Membrandomänen besitzt. Die Proteinzusammensetzung dieser Membrandomänen besteht aus einem konstanten „Kern", der aus Zellwandproteinen und Lipid-modifizierenden Proteinen besteht, und einem variablen Bereich, der je nach äußerer Bedingung (z.B. Nährstoffangebot) bestimmte Signaltransduktionsproteine oder Transporter enthält (Abb. 4).

Setzt man die pflanzlichen Zellen z. B. einem Phosphatnährstoffmangel aus und führt kurzzeitig Phosphat wieder zu, so lassen sich starke Veränderungen in der Proteinzusammensetzung der pflanzlichen Lipid Rafts beobachten: Der Phosphat-Transporter wird in die Sterol-reichen Membranregionen rekrutiert, ebenso wie diverse Glycosylphosphaditylinositol-modifizierte Proteine mit bisher unbekannter Funktion. Proton-ATPase hingegen wird aus den Lipid Rafts entfernt. Die Experimente geben Hinweise auf bisher unbekannte regulatorische Mechanismen bei der Anpassung von pflanzlichen Zellen an sich ändernde Umweltbedingungen.

Ausblick

Die Plasmamembran ist nicht nur eine starre Hülle, die die Zelle umschließt, sondern ein hochdynamisches System, das sich ständig an die äußeren Bedingungen anpasst. Sich ändernde Nährstoffsituationen, aber auch biotischer und abiotischer Stress führen zum Austausch von Proteinen zwischen Phospholipid-Phase und Sterol-reichen Lipid-Rafts. Aufbauend auf die vorliegenden Untersuchungen sollen nun die molekularen Mechanismen genauer untersucht werden, die für die Bewegung von Proteinen innerhalb der Membran verantwortlich sind.

Originalveröffentlichungen

1.
I. Levental, F. J. Byfield, P. Chowdhury, F. Gai, T. Baumgart, P. A. Janmey:
Cholesterol-dependent phase separation in cell-derived giant plasma-membrane vesicles.
Biochemical Journal 424, 163-167 (2009).
2.
K. Simons, E. Ikonen:
Functional rafts in cell membranes.
Nature 387, 569-572 (1997).
3.
D. A. Brown:
Lipid rafts, detergent-resistant membranes, and raft targeting signals.
Physiology 21, 430-439 (2006).
4.
R. A. Bhat, R. Panstruga:
Lipid rafts in plants.
Planta 223, 5-19 (2005)
5.
L. J. Foster, C. de Hoog, M. Mann:
Unbiased quantiative proteomics of lipid rafts reveales high specificity for signaling factors.
Proceedings of the National Academy of Sciences of the USA 100, 5813-5818 (2003).
6.
S. Kierszniowska, B. Seiwert, W. X. Schulze:
Definition of Arabidopsis sterol-rich membrane microdomains by differential treatment with methyl-ß-cyclodextrin and quantitative proteomics.
Molecular and Cellular Proteomics 8, 612-623 (2009).
7.
S. Kierszniowska, D. Walther, W. X. Schulze:
Ratio-dependent significance thresholds in reciprocal 15N-labeling experiments as a robust tool in detection candidate proteins responding to biological treatment.
Proteomics 9, 1916-1924 (2009).
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