Zucker-Pumpe in Pflanzen identifiziert

Forscher entdecken das Protein, das Saccharose zu den Leitungsbahnen transportiert

8. Dezember 2011

Pflanzen müssen ihre Gewebe mit den Kohlenhydraten versorgen, die sie mittels Fotosynthese in den Blättern produzieren. Sie besitzen jedoch keine Muskelpumpe wie das menschliche Herz, um die lebenswichtigen Energieträger zu transportieren. Stattdessen nutzen sie Pump-Proteine in den Membranen ihrer Zellen. Alisdair Fernie vom Max-Planck-Institut für molekulare Pflanzenphysiologie in Potsdam hat zusammen mit Kollegen der Carnegie Institution in Kalifornien ein bislang unbekanntes Protein in der Zucker-Transportkette identifiziert. Die Entdeckung der Forscher könnte künftig helfen, Pflanzen vor Schädlingen zu schützen und Ernteerträge zu steigern.

Leitungsbahnen aus miteinander verbundenen Zellen dienen Pflanzen als Transportsystem für Kohlenhydrate. Das so genannte Phloem besteht unter anderem aus den eigentlichen Leitungszellen, auch Siebelemente genannt, und umgebenden Geleit- und Phloem-Parenchymzellen. Im Phloem werden Kohlenhydrate hauptsächlich in Form von Saccharose-Zucker transportiert. Die Zellmembran der Siebzellen ist mit Pump-Proteinen ausgerüstet, die Saccharose aktiv in die Leitungsbahnen befördern. Unklar war bisher, wie die Saccharose aus den Phloem-Parenchymzellen zu den Transportpumpen den Siebelementen kommt. Damit fehlte ein wichtiges Element der Transportkette.

Einer Forschergruppe an der Carnegie Institution in Stanford, USA, unter Beteiligung des Max-Planck-Instituts für molekulare Pflanzenphysiologie ist es nun gelungen, die bislang unbekannten Zucker-Transporter zu identifizieren: Es handelt sich dabei um verschiedene Proteine, die zu einer kürzlich identifizierten Proteinfamilie namens SWEET gehören. Die SWEETs kommen in der Zellmembran der Phloem-Parenchymzellen vor. Dort funktionieren sie als molekulare Pumpen, die die Saccharose aus den Parenchymzellen hinausbefördern und an ein zweites Transportsystem weiterleiten, welches die Gruppe vor 20 Jahren identifizierte, das den Zucker dann in die eigentlichen Leitungszellen des Phloems einspeist.

In ihrer Studien haben die Forscher den Zuckertransport in der Ackerschmalwand, Arabidopsis thaliana, sowie in Reispflanzen untersucht. Um der Funktion der SWEET-Proteine auf die Spur zu kommen, schalteten sie die entsprechenden Gene bei einer Reihe von Pflanzen künstlich aus. Dabei fanden sie heraus, dass Pflanzen ohne die SWEETs einen deutlich erhöhten Saccharose-Gehalt in den Blättern aufweisen. „Weil der Zucker nicht abtransportiert werden kann, sammelt er sich im Blattgewebe an, und andere Pflanzenteile wie Wurzeln oder Samen werden nicht ausreichend versorgt“, erklärt Alisdair Fernie vom Potsdamer Max-Planck-Institut.

Für die Pflanzenzüchtung ist die Entdeckung ein wichtiger Schritt, denn häufig bilden die vom Menschen genutzten Pflanzenteile wie Samenkörner oder unterirdische Knollen selbst keine Kohlenhydrate und werden stattdessen von den Blättern versorgt. „Wir können diese molekularen Pumpen nun genau regulieren und damit den Transport von Zucker zu den Samen der Pflanzen erhöhen. Auf diese Weise lässt sich vielleicht eines Tages der Ernteertrag von Feldfrüchten steigern“, erklärt Wolf Frommer von der Carnegie Institution. Außerdem sind die SWEETS ein vielversprechender Ansatzpunkt, um Pflanzen vor Schädlingsbefall zu schützen. Denn Pflanzenschädlinge wie etwa das Bakterium Xanthomonas oryzae, das beim Reis die Blattbräune verursacht, missbrauchen diese Transporter, um an den Zucker der Pflanze heranzukommen und für die eigene Ernährung zu nutzen. Deshalb wollen die Wissenschaftler nun die Rolle dieser Transporter bei Schädlingsbefall genauer aufklären.

Die Forscher vermuten zudem, dass die entsprechenden Pump-Proteine bei Menschen und Tieren eine ähnliche Funktion haben. Dies wäre von großer Bedeutung für die Erforschung von Diabetes und Übergewicht, denn bislang ist das Protein noch unbekannt, das für den Zuckertransport vom Darm ins Blut sowie aus Leberzellen verantwortlich ist.

CS/EM/HR

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